Homeschooling im Würmtal – die Umfrage-Ergebnisse
„Wie gut klappt Homeschooling wirklich?“, fragte Unser Würmtal und traf damit einen Nerv bei den Würmtaler*innen. Innerhalb von nur sechs Tagen haben 107 Schüler*innen und 722 Eltern an unserer Umfrage teilgenommen. Die Auswertung bringt Licht- und Schattenseiten bei der Homeschooling-Qualität zum Vorschein, zeigt aber auch, wie sehr die Kinder unter den fehlenden sozialen Kontakten leiden und das Familien spürbare finanzielle Einbußen hinnehmen müssen. – Und führte zu einem bedeutend längeren Artikel als geplant.
Gerade hat das Kultusministerium das Distanzlernen in die Verlängerung geschickt. Die Schulen bleiben bis einschließlich dem 12. Februar geschlossen – eine Ausnahme gibt es nur für die Abschlussklassen. Unsere Umfrage zum Homeschooling im Würmtal spiegelt die aktuelle Situation daher sehr gut wieder.
Insgesamt 829 Umfrage-Teilnehmer
Die Antworten auf die Frage nach dem Wohnort belegen, dass die Umfrage-Beteiligung – gemessen an der jeweiligen Einwohnerzahl – in allen fünf Würmtal-Gemeinden nahezu gleich hoch war. Bei den Schulen hat die Realschule Gauting die Nase vorne. Sowohl in der Zahl der Umfrage-Teilnehmer (mehr als ein Drittel), als auch bei der Bewertung. Dazu später mehr.
Grundsätzlich verteilen sich die Antworten gleichmäßig auf die Jahrgangsstufen 1 bis 10. 40% der Antworten kamen von Grundschulfamilien, 60% aus den Klassen 5 bis 10.
Microsoft Teams und „RSG Intern“ führend
Ohne Technik kein Distanzlernen. Daher haben wir auch nach den genutzten Programmen und Plattformen gefragt, die die Umfrageteilnehmer mit „gut“, „mittelprächtig“ und „schlecht“ bewerten konnten.
Dabei hat Microsoft Teams die Nase ganz weit vorn. Sowohl bei den Einsatzzahlen – rund 70% nutzen u.a. MS Teams für das Homeschooling – als auch bei der Bewertung, wie gut es damit klappt: Das wurde von fast allen mit „gut“ bewertet. Das erklärt auch, warum Kultusminister Piazolo die Nutzung von MS Teams trotz Datenschutzbedenken bis Ende April 2021 verlängert hat.
In der Gruppe der „großen“ Anbieter folgen „Zoom“ (Bewertung zwischen „gut“ und „mittelprächtig“), sowie „mebis“, „HPI Schoolcloud“ und „BigBlueButton“, die sich alle drei im Bereich „mittelprächtig“ bewegen. Am schlechtesten schneidet IServ mit einer Bewertung zwischen „mittelprächtig“ und „schlecht“ ab.
Bei den zusätzlichen freien Antworten zu weiteren Programmen, fällt auf, dass die Schulplattform der Realschule Gauting „RSG Intern“ durchweg die beste Bewertung erhält, die des Kurt-Huber-Gymnasiums „MyKHG“ dagegen nur „mittelprächtig“ bis „schlecht“ bewertet wird.
Live-Unterricht, Erklärvideos, Kindersprechstunde und Arbeitsaufträge
Das Live-Unterricht in den Grundschulen laut den Umfrage-Teilnehmern zu knapp 40% „nie“ oder „selten“ stattfindet dürfte auch dem Alter der Schüler*innen geschuldet sein.
„Der Distanzunterricht ist eine große Belastung für uns alle“, so Alexandra Helfrich, Schulleiterin der Kraillinger Grundschule. „An dieser Stelle ein dickes Lob an das Kollegium. Alle sind sehr, sehr engagiert. Wir bieten ein breites Portfolio an, damit Distanzlernen Sinn macht. Darüber hinaus sind die Lehrer telefonisch oder per Mail für die Eltern – oder auch für die Kinder, wenn diese etwas nicht verstanden haben – zu erreichen.“
Statt Benotung gibt es Feedback per Distanz, „alles wird gelesen und korrigiert“, so Helfrich weiter. So sieht das auch Karl-Heinz Schmid, Konrektor an der Martinsrieder Grundschule. „Wir starten alle gemeinsam in den Tag und sind dann im Distanzlernen für zwei oder drei Blöcke per Videokonferenz oder auf der Schulcloud, die uns die Gemeinde eingerichtet hat.“ Mittlerweile gebe es zahlreiche Erklärvideos der Lehrer, die sich die Kinder gerne auch mehrmals anschauen können. Daneben gibt es „Kindersprechstunden zum Nachfragen oder einfach zum Kontakthalten, das ist insbesondere für jüngere Schulkinder extrem wichtig. Ich habe mit unserem Praktikanten von der LMU einige Sportvideos hochgeladen, in denen wir die Kinder anleiten. So funktioniert übrigens auch der Kunstunterricht.“ Sein Fazit: „Kein Fach fällt hinten runter.“
Gautinger Realschule mit Bestnoten
An der Realschule Gauting (RSG) als iPad-Schule findet Live-Unterricht zu 70% „oft“ oder „immer“ statt.
„Wir sind seit über zehn Jahren als iPad-Schule unterwegs. 800 unserer Schüler haben ein eigenes. Die, die keins haben, konnten ein Leihgerät über einen speziellen Fonds erhalten“, erklärte Manfred Jahreis, Schulleiter der Realschule Gauting. „Damit hätten wir also die erste Hürde im Distanzunterricht geschafft.“ Hinzu käme, dass die Schule nach dem ersten Lockdown eine schulinterne Umfrage gestartet hätte. „Auf diesem Feedback basiert unser Konzept für den zweiten Lockdown“, so Jahreis.
Letztendlich gebe es an der Realschule so viel Unterricht wie noch nie. „Bei uns fällt nichts aus. Man muss bedenken, dass der Stundenplan auf 28 Wochenstunden ausgelegt ist. Dazu gibt es sieben Wochenstunden für pädagogische Projekte, Schullandfahrten, Ausflüge etc. Diese werden in unserem Falle auch zum Distanzunterricht herangezogen. In Summe ist unser Schulalltag viel anstrengender als im Normalfall. Wir alle bräuchten nach dieser Zeit dringend eine Pause.“
Große Unterschiede bei den Gymnasien
Am Feodor-Lynen-Gymnasium profitieren die Schüler*innen von einem identisch guten Live-Angebot wie an der RSG: 70% der Antworten lauteten auch hier „oft“ oder „immer“.
Auffallend sind dagegen die laut Umfrage-Teilnehmern geringen Live-Unterricht-Angebote am Otto-vonTaube-Gymnasium (OvT) und am Kurt-Huber-Gymnasium (KHG). Am OvT findet Live-Unterricht zu 86% „selten“ statt. Das KHG hat nur leicht bessere Werte als das OvT: 61% antworteten hier mit „selten“.
„Die Umfrage kann leider nur Einzelmeinungen hervorheben, die sicher oft auch tendenziös sind.“ sagt Anita Groß, Schulleiterin des Lochhamer Kurt-Huber-Gymnasiums, auf Nachfrage von Unser Würmtal. „Wir haben insgesamt 827 Schüler. Wenn sich 100 Schüler an der Umfrage beteiligt haben, dann ist das für die Umfragemacher sicher ein Erfolg. Aber es bleiben nicht verallgemeinerbare Einzelmeinungen.“
„Es hat am Anfang geruckelt, sowohl mit der Technik als auch mit den verschiedenen Unterrichtsformen“, erläutert die KGH-Schulleiterin. „Ich kann sagen, dass wir nach zwei Tagen die Probleme im Griff hatten. Aber sicherlich spielen da auch die technischen Voraussetzungen in den Familien eine Rolle.“ Sie verweist auf die geänderte Schulordnung. „Während im ersten Lockdown das Distanzlernen nicht verpflichtend war, ist es jetzt im zweiten Lockdown sehr wohl. Das heißt, dass kein Schüler abtauchen kann. Das ist ein großer Vorteil.“
Kontrolle des Lernfortschritt und Unterstützung durch die Lehrerkräfte
Die Schüler der Realschule Gauting erfahren von ihren Lehrkräften augenscheinlich die beste Unterstützung. Auf die Frage „Werden schriftliche Aufgaben von den Lehrkräften kontrolliert und Fehler erklärt bzw. werden den Korrekturen Lösungswege und Übungsmaterial beigelegt?“ antworteten 71% „in jedem Fach“ oder „in vielen Fächern“. Auch bei den Grundschulen gaben mit 69% annähernd gleich viele Teilnehmer diese Antworten.
Bei den Gymnasien zeigen sich ähnlich große Unterschiede wie schon beim Live-Unterricht. Erhalten am Feodor-Lynen-Gymnasium noch 43% der Schüler und am Otto-von-Taube-Gymnasium noch 38% „in jedem Fach“ oder „in vielen Fächern“ Feedback zu ihren Arbeitsergebnissen, sind es am Kurt-Huber-Gymnasium gerade mal 13%.
Subjektive Einschätzungen zum Homeschooling
Bei den Fragen, die das subjektive Empfinden von Schülern und Eltern zum Homeschooling wiedergeben, waren die Unterschiede in den einzelnen Schularten weniger gravierend als erwartet (Schwankungen bis max. 5%, meist weniger). Daher nachfolgend nur die Ergebnisse aus allen 829 Antworten.
Die Frage, ob die Leistungen im Homeschooling genauso gerecht bewertet werden, wie im Präsenzunterricht, beantworten 57% mit „ja“. 35% haben das Gefühl, dass die Bewertung ungerechter ausfällt und 8% fühlen sich gerechter bewertet.
Dass der Unterrichtsstoff im Homeschooling genauso gut gelernt werden kann wie im Klassenzimmer, finden 6% der Teilnehmer „in allen Fächern“, 27% „in vielen Fächern“, 34% „in manchen Fächern“ und 33% „in keinem Fach. Der Hauptgrund, woran es liegt, wenn zu Hause nicht genug gelernt werden kann, ist in allen Jahrgangsstufen: „Die Ablenkung durch andere Dinge ist zu Hause größer als im Klassenzimmer“ (52%).
Bei dieser Frage waren Mehrfach-Antworten möglich. Daher erhielten auch unsere weiteren Vermutungen hohe Zustimmung: 41% für „Die Schüler*innen können weniger Fragen stellen“, 39% jeweils für „Die Lehrkraft kann online nicht so gut erklären wie im Klassenzimmer“ und „Es ist schwieriger, die schriftlichen Aufgaben zu verstehen“ sowie 35% für „Der Unterrichtsstoff wird schneller durchgenommen und weniger wiederholt/erklärt“.
Im Feld für freie Antworten hatten die Umfrage-Teilnehmer dazu weitere Erklärungen, u.a.:
- „Die Taktung am iPad ist enorm hoch, da entstehen Konzentrationsverluste. Mein Kind sitzt wirklich den ganzen Vormittag am Schreibtisch.“
- „Neuer Stoff kann den Kindern nie so gut erklärt werden wie in echt. Es entstehen immer Defizite!“
- „Es ist für die Kinder viel anstrengender, online zu arbeiten.“
- „Im Klassenzimmer mit anderen zusammen lernt es sich konzentrierter, intensiver und nachhaltiger.“
Wie stark sind die Eltern belastet?
Der Elterneinsatz beim Homeschooling ist laut Umfrageergebnis stark davon abhängig, wie alt die Kinder sind. So müssen 32% der Grundschuleltern „immer beim Unterricht oder beim Lernen dabei sein“ und 54% „mehrmals am Tag helfen“.
Aber auch am Kurt-Huber- und am Otto-von-Taube-Gymnasium müssen noch 53% der Eltern „mehrmals am Tag helfen“ oder „ständig dabei sein“. Zweiteres natürlich seltener als in der Grundschule. Im Feodor-Lynen-Gymnasium sind die Eltern zu 35% noch mehrmals am Tag gefordert, an der Realschule nur noch zu 21%. Ein Schelm, wer diese Zahlen mit denen zum Live-Unterricht und zum Lehrer-Feedback an den jeweiligen weiterführenden Schulen vergleicht und daraus seine Schlüsse zieht.
Die gefühlte Belastung der Grundschuleltern ist gemäß den vorstehenden Zahlen am höchsten: 22% haben das Gefühl, dass ihr Alltag nur noch vom Homeschooling bestimmt wird und die Hälfte empfindet die Belastung als „hoch“. In den weiterführenden Schulen empfinden dagegen „nur“ 8% eine „Überlastung“ und 20% eine „hohe Belastung“.
Spürbare finanzielle Einbußen der Familien
Unter den realen Auswirkungen des Homeschoolings leiden ebenfalls die Grundschulfamilien am meisten.
17% der Grundschulfamilien gaben an, dass aufgrund des Homeschoolings „mindestens ein Elternteil derzeit nicht arbeiten kann“, in 27% musste „mindestens „eine/r die Arbeitszeit verkürzen“ und in 42% muss „mindestens „eine/r im Homeoffice arbeiten“. Nur in 14% der Familien hat das Homeschooling keine Auswirkungen auf die Arbeit der Eltern.
In den weiterführenden Schulen können in 50% der Familien die Eltern ihrer Arbeit wie gewohnt nachgehen, in 26% muss „mindestens „eine/r im Homeoffice arbeiten“, in 18% „mindestens „eine/r die Arbeitszeit verkürzen“ und in 6% kann „mindestens ein Elternteil derzeit nicht arbeiten“.
Das Homeschooling hat damit auch spürbare Auswirkungen auf die finanzielle Situation vieler Familien.
11% der Grundschulfamilien haben finanzielle Einbußen von 40% und mehr. 28% fehlen zwischen 10% und 30% der Einkünfte. 61% haben keine Einbußen.
Familien von Schüler*innen der weiterführenden Schulen haben „nur“ zu 4% ein Einkommensminus von 40% und mehr und zu 24% zwischen 10% und 30%. 72% haben keine Einbußen.
Was fehlt dir beim Homeschooling?
Mehr als 400 Umfrageteilnehmer haben diese Frage beantwortet – eine Antwort bringt es auf den Punkt „Meine Klasse !!“. Die fehlenden sozialen Kontakte sind für sehr viele ein großes Problem.
„Mir fehlt es, meine Freunde zu sehen und mich mit ihnen auch über den Stoff auszutauschen. Es fällt mir schwerer, Aufgaben gewissenhaft zu erledigen oder mich für die Schule zu motivieren, als wenn ich jeden Tag zur Schule gehen würde.“
Viele Antworten wurden in ähnlicher Form häufiger gegeben. Um diesen Artikel nicht vollends zu sprengen, können wir hier nur eine kleine Auswahl veröffentlichen: „Mir fehlt der persönliche Kontakt zum Lehrer um spontane Fragen stellen zu können, bzw. durch die Fragen meiner Mitschüler auch etwas zu lernen.“
„Live Unterricht! Ein Lehrer hat es als einziger geschafft sich einen Youtube-Kanal einzurichten und „live“ vor die Kamera zu treten um wie gewohnt zu unterrichten. Das war toll!“
„Als Eltern ist es sehr schwer den Überblick zu behalten und zu wissen, was man eigentlich mit/für die Kinder tun muss.“
„Die Anwesendheit der Lehrkraft, wenn die Lehrkraft nur einmal am Tag für 30 Minuten einen kurzen Vortrag hält und dann Aufgaben für den Tag erteilt, reicht das einfach nicht aus.“
„Ich arbeite Vollzeit und soll zwei Kinder unterrichten – wie soll das gehen? Mir fehlt jeglicher Respekt der Leute, die so etwas entscheiden. Diese Leute schaffen es nicht einmal, eine funktionierende Plattform einzurichten und ich soll mich 24 Stunden um die Kinder kümmern, kochen und arbeiten.“
„Mir fehlt die Sorgepflicht der Lehrkräfte, die möglichen sozialen Probleme innerhalb einer Familie zu entdecken.“
„Ich wünsche mir mehr Rückmeldungen von den Fachlehrern zu den Leistungen und dem Engagement meines Kindes. Ich bekomme nur eine Rückmeldung, falls ein Arbeitsauftrag oder Hausaufgabe nicht abgegeben wurde. Wichtig für mich wäre die Einschätzung des Lehrers zu: Wird der Schüler erreicht? Versteckt er sich? Versucht er nicht aufzufallen und die Stunde einfach rumzukriegen? Hat er begriffen, dass er in der Abschlussklasse ist und bald die Mittlere-Reife-Prüfung schreibt? Ist er bei der Sache oder hängt er parallel in einer anderen Session mit seinen Kumpels?“
„Lehrer, die sich täglich mit ihren Schülern in Verbindung setzen (im Gegensatz zu: „Lad dir am Montag die Aufgaben runter und schicke sie mir bis Freitag“).“
Technische Probleme und Ausstattung
Obwohl uns die Geschwindigkeit der Internetanschlüsse der einzelnen Haushalte nicht bekannt ist, kann davon ausgegangen werden, dass die Versorgung im Würmtal mit schnellem Internet zufriedenstellend ist. Streamingangebote (die Nutzung von Mediatheken, Skyticket, Netflix etc.) funktioniert laut Umfrageergebnis gemeindeübergreifend in rund zwei Drittel der Haushalte gut.
Da in 80% der Haushalte mehrere Personen gleichzeitig den Internetzugang für Homeoffice oder Homeschooling nutzen, liegt das Problem der einen oder anderen Leitungsüberlastung eventuell auch am gewählten DSL-Tarif und nicht nur bei denen Anbietern.
Die überwiegende Mehrheit der Schüler*innen hat eine geeignetes Gerät (PC, Notebook, Tablet, iPad) zur Verfügung. Allerdings müssen sich 20% der Grundschüler dieses während des Homeschoolings mit einem anderen Familienmitglied teilen, in den Gymnasien sind es noch 6% und an der Realschule Gauting als reine iPad-Schule nur noch 1,5 %.
Erschreckend fanden wir es trotzdem, dass 10 Teilnehmer geantwortet haben, am Homeschooling nur mit dem Handy teilnehmen zu können.
Redaktion: Ulrike Seiffert, Jürgen Haubeil, Carsten Schmitz / Unser Würmtal
Homeschooling im Würmtal – die Umfrage-Ergebnisse
„Wie gut klappt Homeschooling wirklich?“, fragte Unser Würmtal und traf damit einen Nerv bei den Würmtaler*innen. Innerhalb von nur sechs Tagen haben 107 Schüler*innen und 722 Eltern an unserer Umfrage teilgenommen. Die Auswertung bringt Licht- und Schattenseiten bei der Homeschooling-Qualität zum Vorschein, zeigt aber auch, wie sehr die Kinder unter den fehlenden sozialen Kontakten leiden und das Familien spürbare finanzielle Einbußen hinnehmen müssen. – Und führte zu einem bedeutend längeren Artikel als geplant.
Gerade hat das Kultusministerium das Distanzlernen in die Verlängerung geschickt. Die Schulen bleiben bis einschließlich dem 12. Februar geschlossen – eine Ausnahme gibt es nur für die Abschlussklassen. Unsere Umfrage zum Homeschooling im Würmtal spiegelt die aktuelle Situation daher sehr gut wieder.
Insgesamt 829 Umfrage-Teilnehmer
Die Antworten auf die Frage nach dem Wohnort belegen, dass die Umfrage-Beteiligung – gemessen an der jeweiligen Einwohnerzahl – in allen fünf Würmtal-Gemeinden nahezu gleich hoch war. Bei den Schulen hat die Realschule Gauting die Nase vorne. Sowohl in der Zahl der Umfrage-Teilnehmer (mehr als ein Drittel), als auch bei der Bewertung. Dazu später mehr.
Grundsätzlich verteilen sich die Antworten gleichmäßig auf die Jahrgangsstufen 1 bis 10. 40% der Antworten kamen von Grundschulfamilien, 60% aus den Klassen 5 bis 10.
Microsoft Teams und „RSG Intern“ führend
Ohne Technik kein Distanzlernen. Daher haben wir auch nach den genutzten Programmen und Plattformen gefragt, die die Umfrageteilnehmer mit „gut“, „mittelprächtig“ und „schlecht“ bewerten konnten.
Dabei hat Microsoft Teams die Nase ganz weit vorn. Sowohl bei den Einsatzzahlen – rund 70% nutzen u.a. MS Teams für das Homeschooling – als auch bei der Bewertung, wie gut es damit klappt: Das wurde von fast allen mit „gut“ bewertet. Das erklärt auch, warum Kultusminister Piazolo die Nutzung von MS Teams trotz Datenschutzbedenken bis Ende April 2021 verlängert hat.
In der Gruppe der „großen“ Anbieter folgen „Zoom“ (Bewertung zwischen „gut“ und „mittelprächtig“), sowie „mebis“, „HPI Schoolcloud“ und „BigBlueButton“, die sich alle drei im Bereich „mittelprächtig“ bewegen. Am schlechtesten schneidet IServ mit einer Bewertung zwischen „mittelprächtig“ und „schlecht“ ab.
Bei den zusätzlichen freien Antworten zu weiteren Programmen, fällt auf, dass die Schulplattform der Realschule Gauting „RSG Intern“ durchweg die beste Bewertung erhält, die des Kurt-Huber-Gymnasiums „MyKHG“ dagegen nur „mittelprächtig“ bis „schlecht“ bewertet wird.
Live-Unterricht, Erklärvideos, Kindersprechstunde und Arbeitsaufträge
Das Live-Unterricht in den Grundschulen laut den Umfrage-Teilnehmern zu knapp 40% „nie“ oder „selten“ stattfindet dürfte auch dem Alter der Schüler*innen geschuldet sein.
„Der Distanzunterricht ist eine große Belastung für uns alle“, so Alexandra Helfrich, Schulleiterin der Kraillinger Grundschule. „An dieser Stelle ein dickes Lob an das Kollegium. Alle sind sehr, sehr engagiert. Wir bieten ein breites Portfolio an, damit Distanzlernen Sinn macht. Darüber hinaus sind die Lehrer telefonisch oder per Mail für die Eltern – oder auch für die Kinder, wenn diese etwas nicht verstanden haben – zu erreichen.“
Statt Benotung gibt es Feedback per Distanz, „alles wird gelesen und korrigiert“, so Helfrich weiter. So sieht das auch Karl-Heinz Schmid, Konrektor an der Martinsrieder Grundschule. „Wir starten alle gemeinsam in den Tag und sind dann im Distanzlernen für zwei oder drei Blöcke per Videokonferenz oder auf der Schulcloud, die uns die Gemeinde eingerichtet hat.“ Mittlerweile gebe es zahlreiche Erklärvideos der Lehrer, die sich die Kinder gerne auch mehrmals anschauen können. Daneben gibt es „Kindersprechstunden zum Nachfragen oder einfach zum Kontakthalten, das ist insbesondere für jüngere Schulkinder extrem wichtig. Ich habe mit unserem Praktikanten von der LMU einige Sportvideos hochgeladen, in denen wir die Kinder anleiten. So funktioniert übrigens auch der Kunstunterricht.“ Sein Fazit: „Kein Fach fällt hinten runter.“
Gautinger Realschule mit Bestnoten
An der Realschule Gauting (RSG) als iPad-Schule findet Live-Unterricht zu 70% „oft“ oder „immer“ statt.
„Wir sind seit über zehn Jahren als iPad-Schule unterwegs. 800 unserer Schüler haben ein eigenes. Die, die keins haben, konnten ein Leihgerät über einen speziellen Fonds erhalten“, erklärte Manfred Jahreis, Schulleiter der Realschule Gauting. „Damit hätten wir also die erste Hürde im Distanzunterricht geschafft.“ Hinzu käme, dass die Schule nach dem ersten Lockdown eine schulinterne Umfrage gestartet hätte. „Auf diesem Feedback basiert unser Konzept für den zweiten Lockdown“, so Jahreis.
Letztendlich gebe es an der Realschule so viel Unterricht wie noch nie. „Bei uns fällt nichts aus. Man muss bedenken, dass der Stundenplan auf 28 Wochenstunden ausgelegt ist. Dazu gibt es sieben Wochenstunden für pädagogische Projekte, Schullandfahrten, Ausflüge etc. Diese werden in unserem Falle auch zum Distanzunterricht herangezogen. In Summe ist unser Schulalltag viel anstrengender als im Normalfall. Wir alle bräuchten nach dieser Zeit dringend eine Pause.“
Große Unterschiede bei den Gymnasien
Am Feodor-Lynen-Gymnasium profitieren die Schüler*innen von einem identisch guten Live-Angebot wie an der RSG: 70% der Antworten lauteten auch hier „oft“ oder „immer“.
Auffallend sind dagegen die laut Umfrage-Teilnehmern geringen Live-Unterricht-Angebote am Otto-vonTaube-Gymnasium (OvT) und am Kurt-Huber-Gymnasium (KHG). Am OvT findet Live-Unterricht zu 86% „selten“ statt. Das KHG hat nur leicht bessere Werte als das OvT: 61% antworteten hier mit „selten“.
„Die Umfrage kann leider nur Einzelmeinungen hervorheben, die sicher oft auch tendenziös sind.“ sagt Anita Groß, Schulleiterin des Lochhamer Kurt-Huber-Gymnasiums, auf Nachfrage von Unser Würmtal. „Wir haben insgesamt 827 Schüler. Wenn sich 100 Schüler an der Umfrage beteiligt haben, dann ist das für die Umfragemacher sicher ein Erfolg. Aber es bleiben nicht verallgemeinerbare Einzelmeinungen.“
„Es hat am Anfang geruckelt, sowohl mit der Technik als auch mit den verschiedenen Unterrichtsformen“, erläutert die KGH-Schulleiterin. „Ich kann sagen, dass wir nach zwei Tagen die Probleme im Griff hatten. Aber sicherlich spielen da auch die technischen Voraussetzungen in den Familien eine Rolle.“ Sie verweist auf die geänderte Schulordnung. „Während im ersten Lockdown das Distanzlernen nicht verpflichtend war, ist es jetzt im zweiten Lockdown sehr wohl. Das heißt, dass kein Schüler abtauchen kann. Das ist ein großer Vorteil.“
Kontrolle des Lernfortschritt und Unterstützung durch die Lehrerkräfte
Die Schüler der Realschule Gauting erfahren von ihren Lehrkräften augenscheinlich die beste Unterstützung. Auf die Frage „Werden schriftliche Aufgaben von den Lehrkräften kontrolliert und Fehler erklärt bzw. werden den Korrekturen Lösungswege und Übungsmaterial beigelegt?“ antworteten 71% „in jedem Fach“ oder „in vielen Fächern“. Auch bei den Grundschulen gaben mit 69% annähernd gleich viele Teilnehmer diese Antworten.
Bei den Gymnasien zeigen sich ähnlich große Unterschiede wie schon beim Live-Unterricht. Erhalten am Feodor-Lynen-Gymnasium noch 43% der Schüler und am Otto-von-Taube-Gymnasium noch 38% „in jedem Fach“ oder „in vielen Fächern“ Feedback zu ihren Arbeitsergebnissen, sind es am Kurt-Huber-Gymnasium gerade mal 13%.
Subjektive Einschätzungen zum Homeschooling
Bei den Fragen, die das subjektive Empfinden von Schülern und Eltern zum Homeschooling wiedergeben, waren die Unterschiede in den einzelnen Schularten weniger gravierend als erwartet (Schwankungen bis max. 5%, meist weniger). Daher nachfolgend nur die Ergebnisse aus allen 829 Antworten.
Die Frage, ob die Leistungen im Homeschooling genauso gerecht bewertet werden, wie im Präsenzunterricht, beantworten 57% mit „ja“. 35% haben das Gefühl, dass die Bewertung ungerechter ausfällt und 8% fühlen sich gerechter bewertet.
Dass der Unterrichtsstoff im Homeschooling genauso gut gelernt werden kann wie im Klassenzimmer, finden 6% der Teilnehmer „in allen Fächern“, 27% „in vielen Fächern“, 34% „in manchen Fächern“ und 33% „in keinem Fach. Der Hauptgrund, woran es liegt, wenn zu Hause nicht genug gelernt werden kann, ist in allen Jahrgangsstufen: „Die Ablenkung durch andere Dinge ist zu Hause größer als im Klassenzimmer“ (52%).
Bei dieser Frage waren Mehrfach-Antworten möglich. Daher erhielten auch unsere weiteren Vermutungen hohe Zustimmung: 41% für „Die Schüler*innen können weniger Fragen stellen“, 39% jeweils für „Die Lehrkraft kann online nicht so gut erklären wie im Klassenzimmer“ und „Es ist schwieriger, die schriftlichen Aufgaben zu verstehen“ sowie 35% für „Der Unterrichtsstoff wird schneller durchgenommen und weniger wiederholt/erklärt“.
Im Feld für freie Antworten hatten die Umfrage-Teilnehmer dazu weitere Erklärungen, u.a.:
- „Die Taktung am iPad ist enorm hoch, da entstehen Konzentrationsverluste. Mein Kind sitzt wirklich den ganzen Vormittag am Schreibtisch.“
- „Neuer Stoff kann den Kindern nie so gut erklärt werden wie in echt. Es entstehen immer Defizite!“
- „Es ist für die Kinder viel anstrengender, online zu arbeiten.“
- „Im Klassenzimmer mit anderen zusammen lernt es sich konzentrierter, intensiver und nachhaltiger.“
Wie stark sind die Eltern belastet?
Der Elterneinsatz beim Homeschooling ist laut Umfrageergebnis stark davon abhängig, wie alt die Kinder sind. So müssen 32% der Grundschuleltern „immer beim Unterricht oder beim Lernen dabei sein“ und 54% „mehrmals am Tag helfen“.
Aber auch am Kurt-Huber- und am Otto-von-Taube-Gymnasium müssen noch 53% der Eltern „mehrmals am Tag helfen“ oder „ständig dabei sein“. Zweiteres natürlich seltener als in der Grundschule. Im Feodor-Lynen-Gymnasium sind die Eltern zu 35% noch mehrmals am Tag gefordert, an der Realschule nur noch zu 21%. Ein Schelm, wer diese Zahlen mit denen zum Live-Unterricht und zum Lehrer-Feedback an den jeweiligen weiterführenden Schulen vergleicht und daraus seine Schlüsse zieht.
Die gefühlte Belastung der Grundschuleltern ist gemäß den vorstehenden Zahlen am höchsten: 22% haben das Gefühl, dass ihr Alltag nur noch vom Homeschooling bestimmt wird und die Hälfte empfindet die Belastung als „hoch“. In den weiterführenden Schulen empfinden dagegen „nur“ 8% eine „Überlastung“ und 20% eine „hohe Belastung“.
Spürbare finanzielle Einbußen der Familien
Unter den realen Auswirkungen des Homeschoolings leiden ebenfalls die Grundschulfamilien am meisten.
17% der Grundschulfamilien gaben an, dass aufgrund des Homeschoolings „mindestens ein Elternteil derzeit nicht arbeiten kann“, in 27% musste „mindestens „eine/r die Arbeitszeit verkürzen“ und in 42% muss „mindestens „eine/r im Homeoffice arbeiten“. Nur in 14% der Familien hat das Homeschooling keine Auswirkungen auf die Arbeit der Eltern.
In den weiterführenden Schulen können in 50% der Familien die Eltern ihrer Arbeit wie gewohnt nachgehen, in 26% muss „mindestens „eine/r im Homeoffice arbeiten“, in 18% „mindestens „eine/r die Arbeitszeit verkürzen“ und in 6% kann „mindestens ein Elternteil derzeit nicht arbeiten“.
Das Homeschooling hat damit auch spürbare Auswirkungen auf die finanzielle Situation vieler Familien.
11% der Grundschulfamilien haben finanzielle Einbußen von 40% und mehr. 28% fehlen zwischen 10% und 30% der Einkünfte. 61% haben keine Einbußen.
Familien von Schüler*innen der weiterführenden Schulen haben „nur“ zu 4% ein Einkommensminus von 40% und mehr und zu 24% zwischen 10% und 30%. 72% haben keine Einbußen.
Was fehlt dir beim Homeschooling?
Mehr als 400 Umfrageteilnehmer haben diese Frage beantwortet – eine Antwort bringt es auf den Punkt „Meine Klasse !!“. Die fehlenden sozialen Kontakte sind für sehr viele ein großes Problem.
„Mir fehlt es, meine Freunde zu sehen und mich mit ihnen auch über den Stoff auszutauschen. Es fällt mir schwerer, Aufgaben gewissenhaft zu erledigen oder mich für die Schule zu motivieren, als wenn ich jeden Tag zur Schule gehen würde.“
Viele Antworten wurden in ähnlicher Form häufiger gegeben. Um diesen Artikel nicht vollends zu sprengen, können wir hier nur eine kleine Auswahl veröffentlichen: „Mir fehlt der persönliche Kontakt zum Lehrer um spontane Fragen stellen zu können, bzw. durch die Fragen meiner Mitschüler auch etwas zu lernen.“
„Live Unterricht! Ein Lehrer hat es als einziger geschafft sich einen Youtube-Kanal einzurichten und „live“ vor die Kamera zu treten um wie gewohnt zu unterrichten. Das war toll!“
„Als Eltern ist es sehr schwer den Überblick zu behalten und zu wissen, was man eigentlich mit/für die Kinder tun muss.“
„Die Anwesendheit der Lehrkraft, wenn die Lehrkraft nur einmal am Tag für 30 Minuten einen kurzen Vortrag hält und dann Aufgaben für den Tag erteilt, reicht das einfach nicht aus.“
„Ich arbeite Vollzeit und soll zwei Kinder unterrichten – wie soll das gehen? Mir fehlt jeglicher Respekt der Leute, die so etwas entscheiden. Diese Leute schaffen es nicht einmal, eine funktionierende Plattform einzurichten und ich soll mich 24 Stunden um die Kinder kümmern, kochen und arbeiten.“
„Mir fehlt die Sorgepflicht der Lehrkräfte, die möglichen sozialen Probleme innerhalb einer Familie zu entdecken.“
„Ich wünsche mir mehr Rückmeldungen von den Fachlehrern zu den Leistungen und dem Engagement meines Kindes. Ich bekomme nur eine Rückmeldung, falls ein Arbeitsauftrag oder Hausaufgabe nicht abgegeben wurde. Wichtig für mich wäre die Einschätzung des Lehrers zu: Wird der Schüler erreicht? Versteckt er sich? Versucht er nicht aufzufallen und die Stunde einfach rumzukriegen? Hat er begriffen, dass er in der Abschlussklasse ist und bald die Mittlere-Reife-Prüfung schreibt? Ist er bei der Sache oder hängt er parallel in einer anderen Session mit seinen Kumpels?“
„Lehrer, die sich täglich mit ihren Schülern in Verbindung setzen (im Gegensatz zu: „Lad dir am Montag die Aufgaben runter und schicke sie mir bis Freitag“).“
Technische Probleme und Ausstattung
Obwohl uns die Geschwindigkeit der Internetanschlüsse der einzelnen Haushalte nicht bekannt ist, kann davon ausgegangen werden, dass die Versorgung im Würmtal mit schnellem Internet zufriedenstellend ist. Streamingangebote (die Nutzung von Mediatheken, Skyticket, Netflix etc.) funktioniert laut Umfrageergebnis gemeindeübergreifend in rund zwei Drittel der Haushalte gut.
Da in 80% der Haushalte mehrere Personen gleichzeitig den Internetzugang für Homeoffice oder Homeschooling nutzen, liegt das Problem der einen oder anderen Leitungsüberlastung eventuell auch am gewählten DSL-Tarif und nicht nur bei denen Anbietern.
Die überwiegende Mehrheit der Schüler*innen hat eine geeignetes Gerät (PC, Notebook, Tablet, iPad) zur Verfügung. Allerdings müssen sich 20% der Grundschüler dieses während des Homeschoolings mit einem anderen Familienmitglied teilen, in den Gymnasien sind es noch 6% und an der Realschule Gauting als reine iPad-Schule nur noch 1,5 %.
Erschreckend fanden wir es trotzdem, dass 10 Teilnehmer geantwortet haben, am Homeschooling nur mit dem Handy teilnehmen zu können.
Redaktion: Ulrike Seiffert, Jürgen Haubeil, Carsten Schmitz / Unser Würmtal
Homeschooling im Würmtal – die Umfrage-Ergebnisse
„Wie gut klappt Homeschooling wirklich?“, fragte Unser Würmtal und traf damit einen Nerv bei den Würmtaler*innen. Innerhalb von nur sechs Tagen haben 107 Schüler*innen und 722 Eltern an unserer Umfrage teilgenommen. Die Auswertung bringt Licht- und Schattenseiten bei der Homeschooling-Qualität zum Vorschein, zeigt aber auch, wie sehr die Kinder unter den fehlenden sozialen Kontakten leiden und das Familien spürbare finanzielle Einbußen hinnehmen müssen. – Und führte zu einem bedeutend längeren Artikel als geplant.
Gerade hat das Kultusministerium das Distanzlernen in die Verlängerung geschickt. Die Schulen bleiben bis einschließlich dem 12. Februar geschlossen – eine Ausnahme gibt es nur für die Abschlussklassen. Unsere Umfrage zum Homeschooling im Würmtal spiegelt die aktuelle Situation daher sehr gut wieder.
Insgesamt 829 Umfrage-Teilnehmer
Die Antworten auf die Frage nach dem Wohnort belegen, dass die Umfrage-Beteiligung – gemessen an der jeweiligen Einwohnerzahl – in allen fünf Würmtal-Gemeinden nahezu gleich hoch war. Bei den Schulen hat die Realschule Gauting die Nase vorne. Sowohl in der Zahl der Umfrage-Teilnehmer (mehr als ein Drittel), als auch bei der Bewertung. Dazu später mehr.
Grundsätzlich verteilen sich die Antworten gleichmäßig auf die Jahrgangsstufen 1 bis 10. 40% der Antworten kamen von Grundschulfamilien, 60% aus den Klassen 5 bis 10.
Microsoft Teams und „RSG Intern“ führend
Ohne Technik kein Distanzlernen. Daher haben wir auch nach den genutzten Programmen und Plattformen gefragt, die die Umfrageteilnehmer mit „gut“, „mittelprächtig“ und „schlecht“ bewerten konnten.
Dabei hat Microsoft Teams die Nase ganz weit vorn. Sowohl bei den Einsatzzahlen – rund 70% nutzen u.a. MS Teams für das Homeschooling – als auch bei der Bewertung, wie gut es damit klappt: Das wurde von fast allen mit „gut“ bewertet. Das erklärt auch, warum Kultusminister Piazolo die Nutzung von MS Teams trotz Datenschutzbedenken bis Ende April 2021 verlängert hat.
In der Gruppe der „großen“ Anbieter folgen „Zoom“ (Bewertung zwischen „gut“ und „mittelprächtig“), sowie „mebis“, „HPI Schoolcloud“ und „BigBlueButton“, die sich alle drei im Bereich „mittelprächtig“ bewegen. Am schlechtesten schneidet IServ mit einer Bewertung zwischen „mittelprächtig“ und „schlecht“ ab.
Bei den zusätzlichen freien Antworten zu weiteren Programmen, fällt auf, dass die Schulplattform der Realschule Gauting „RSG Intern“ durchweg die beste Bewertung erhält, die des Kurt-Huber-Gymnasiums „MyKHG“ dagegen nur „mittelprächtig“ bis „schlecht“ bewertet wird.
Live-Unterricht, Erklärvideos, Kindersprechstunde und Arbeitsaufträge
Das Live-Unterricht in den Grundschulen laut den Umfrage-Teilnehmern zu knapp 40% „nie“ oder „selten“ stattfindet dürfte auch dem Alter der Schüler*innen geschuldet sein.
„Der Distanzunterricht ist eine große Belastung für uns alle“, so Alexandra Helfrich, Schulleiterin der Kraillinger Grundschule. „An dieser Stelle ein dickes Lob an das Kollegium. Alle sind sehr, sehr engagiert. Wir bieten ein breites Portfolio an, damit Distanzlernen Sinn macht. Darüber hinaus sind die Lehrer telefonisch oder per Mail für die Eltern – oder auch für die Kinder, wenn diese etwas nicht verstanden haben – zu erreichen.“
Statt Benotung gibt es Feedback per Distanz, „alles wird gelesen und korrigiert“, so Helfrich weiter. So sieht das auch Karl-Heinz Schmid, Konrektor an der Martinsrieder Grundschule. „Wir starten alle gemeinsam in den Tag und sind dann im Distanzlernen für zwei oder drei Blöcke per Videokonferenz oder auf der Schulcloud, die uns die Gemeinde eingerichtet hat.“ Mittlerweile gebe es zahlreiche Erklärvideos der Lehrer, die sich die Kinder gerne auch mehrmals anschauen können. Daneben gibt es „Kindersprechstunden zum Nachfragen oder einfach zum Kontakthalten, das ist insbesondere für jüngere Schulkinder extrem wichtig. Ich habe mit unserem Praktikanten von der LMU einige Sportvideos hochgeladen, in denen wir die Kinder anleiten. So funktioniert übrigens auch der Kunstunterricht.“ Sein Fazit: „Kein Fach fällt hinten runter.“
Gautinger Realschule mit Bestnoten
An der Realschule Gauting (RSG) als iPad-Schule findet Live-Unterricht zu 70% „oft“ oder „immer“ statt.
„Wir sind seit über zehn Jahren als iPad-Schule unterwegs. 800 unserer Schüler haben ein eigenes. Die, die keins haben, konnten ein Leihgerät über einen speziellen Fonds erhalten“, erklärte Manfred Jahreis, Schulleiter der Realschule Gauting. „Damit hätten wir also die erste Hürde im Distanzunterricht geschafft.“ Hinzu käme, dass die Schule nach dem ersten Lockdown eine schulinterne Umfrage gestartet hätte. „Auf diesem Feedback basiert unser Konzept für den zweiten Lockdown“, so Jahreis.
Letztendlich gebe es an der Realschule so viel Unterricht wie noch nie. „Bei uns fällt nichts aus. Man muss bedenken, dass der Stundenplan auf 28 Wochenstunden ausgelegt ist. Dazu gibt es sieben Wochenstunden für pädagogische Projekte, Schullandfahrten, Ausflüge etc. Diese werden in unserem Falle auch zum Distanzunterricht herangezogen. In Summe ist unser Schulalltag viel anstrengender als im Normalfall. Wir alle bräuchten nach dieser Zeit dringend eine Pause.“
Große Unterschiede bei den Gymnasien
Am Feodor-Lynen-Gymnasium profitieren die Schüler*innen von einem identisch guten Live-Angebot wie an der RSG: 70% der Antworten lauteten auch hier „oft“ oder „immer“.
Auffallend sind dagegen die laut Umfrage-Teilnehmern geringen Live-Unterricht-Angebote am Otto-vonTaube-Gymnasium (OvT) und am Kurt-Huber-Gymnasium (KHG). Am OvT findet Live-Unterricht zu 86% „selten“ statt. Das KHG hat nur leicht bessere Werte als das OvT: 61% antworteten hier mit „selten“.
„Die Umfrage kann leider nur Einzelmeinungen hervorheben, die sicher oft auch tendenziös sind.“ sagt Anita Groß, Schulleiterin des Lochhamer Kurt-Huber-Gymnasiums, auf Nachfrage von Unser Würmtal. „Wir haben insgesamt 827 Schüler. Wenn sich 100 Schüler an der Umfrage beteiligt haben, dann ist das für die Umfragemacher sicher ein Erfolg. Aber es bleiben nicht verallgemeinerbare Einzelmeinungen.“
„Es hat am Anfang geruckelt, sowohl mit der Technik als auch mit den verschiedenen Unterrichtsformen“, erläutert die KGH-Schulleiterin. „Ich kann sagen, dass wir nach zwei Tagen die Probleme im Griff hatten. Aber sicherlich spielen da auch die technischen Voraussetzungen in den Familien eine Rolle.“ Sie verweist auf die geänderte Schulordnung. „Während im ersten Lockdown das Distanzlernen nicht verpflichtend war, ist es jetzt im zweiten Lockdown sehr wohl. Das heißt, dass kein Schüler abtauchen kann. Das ist ein großer Vorteil.“
Kontrolle des Lernfortschritt und Unterstützung durch die Lehrerkräfte
Die Schüler der Realschule Gauting erfahren von ihren Lehrkräften augenscheinlich die beste Unterstützung. Auf die Frage „Werden schriftliche Aufgaben von den Lehrkräften kontrolliert und Fehler erklärt bzw. werden den Korrekturen Lösungswege und Übungsmaterial beigelegt?“ antworteten 71% „in jedem Fach“ oder „in vielen Fächern“. Auch bei den Grundschulen gaben mit 69% annähernd gleich viele Teilnehmer diese Antworten.
Bei den Gymnasien zeigen sich ähnlich große Unterschiede wie schon beim Live-Unterricht. Erhalten am Feodor-Lynen-Gymnasium noch 43% der Schüler und am Otto-von-Taube-Gymnasium noch 38% „in jedem Fach“ oder „in vielen Fächern“ Feedback zu ihren Arbeitsergebnissen, sind es am Kurt-Huber-Gymnasium gerade mal 13%.
Subjektive Einschätzungen zum Homeschooling
Bei den Fragen, die das subjektive Empfinden von Schülern und Eltern zum Homeschooling wiedergeben, waren die Unterschiede in den einzelnen Schularten weniger gravierend als erwartet (Schwankungen bis max. 5%, meist weniger). Daher nachfolgend nur die Ergebnisse aus allen 829 Antworten.
Die Frage, ob die Leistungen im Homeschooling genauso gerecht bewertet werden, wie im Präsenzunterricht, beantworten 57% mit „ja“. 35% haben das Gefühl, dass die Bewertung ungerechter ausfällt und 8% fühlen sich gerechter bewertet.
Dass der Unterrichtsstoff im Homeschooling genauso gut gelernt werden kann wie im Klassenzimmer, finden 6% der Teilnehmer „in allen Fächern“, 27% „in vielen Fächern“, 34% „in manchen Fächern“ und 33% „in keinem Fach. Der Hauptgrund, woran es liegt, wenn zu Hause nicht genug gelernt werden kann, ist in allen Jahrgangsstufen: „Die Ablenkung durch andere Dinge ist zu Hause größer als im Klassenzimmer“ (52%).
Bei dieser Frage waren Mehrfach-Antworten möglich. Daher erhielten auch unsere weiteren Vermutungen hohe Zustimmung: 41% für „Die Schüler*innen können weniger Fragen stellen“, 39% jeweils für „Die Lehrkraft kann online nicht so gut erklären wie im Klassenzimmer“ und „Es ist schwieriger, die schriftlichen Aufgaben zu verstehen“ sowie 35% für „Der Unterrichtsstoff wird schneller durchgenommen und weniger wiederholt/erklärt“.
Im Feld für freie Antworten hatten die Umfrage-Teilnehmer dazu weitere Erklärungen, u.a.:
- „Die Taktung am iPad ist enorm hoch, da entstehen Konzentrationsverluste. Mein Kind sitzt wirklich den ganzen Vormittag am Schreibtisch.“
- „Neuer Stoff kann den Kindern nie so gut erklärt werden wie in echt. Es entstehen immer Defizite!“
- „Es ist für die Kinder viel anstrengender, online zu arbeiten.“
- „Im Klassenzimmer mit anderen zusammen lernt es sich konzentrierter, intensiver und nachhaltiger.“
Wie stark sind die Eltern belastet?
Der Elterneinsatz beim Homeschooling ist laut Umfrageergebnis stark davon abhängig, wie alt die Kinder sind. So müssen 32% der Grundschuleltern „immer beim Unterricht oder beim Lernen dabei sein“ und 54% „mehrmals am Tag helfen“.
Aber auch am Kurt-Huber- und am Otto-von-Taube-Gymnasium müssen noch 53% der Eltern „mehrmals am Tag helfen“ oder „ständig dabei sein“. Zweiteres natürlich seltener als in der Grundschule. Im Feodor-Lynen-Gymnasium sind die Eltern zu 35% noch mehrmals am Tag gefordert, an der Realschule nur noch zu 21%. Ein Schelm, wer diese Zahlen mit denen zum Live-Unterricht und zum Lehrer-Feedback an den jeweiligen weiterführenden Schulen vergleicht und daraus seine Schlüsse zieht.
Die gefühlte Belastung der Grundschuleltern ist gemäß den vorstehenden Zahlen am höchsten: 22% haben das Gefühl, dass ihr Alltag nur noch vom Homeschooling bestimmt wird und die Hälfte empfindet die Belastung als „hoch“. In den weiterführenden Schulen empfinden dagegen „nur“ 8% eine „Überlastung“ und 20% eine „hohe Belastung“.
Spürbare finanzielle Einbußen der Familien
Unter den realen Auswirkungen des Homeschoolings leiden ebenfalls die Grundschulfamilien am meisten.
17% der Grundschulfamilien gaben an, dass aufgrund des Homeschoolings „mindestens ein Elternteil derzeit nicht arbeiten kann“, in 27% musste „mindestens „eine/r die Arbeitszeit verkürzen“ und in 42% muss „mindestens „eine/r im Homeoffice arbeiten“. Nur in 14% der Familien hat das Homeschooling keine Auswirkungen auf die Arbeit der Eltern.
In den weiterführenden Schulen können in 50% der Familien die Eltern ihrer Arbeit wie gewohnt nachgehen, in 26% muss „mindestens „eine/r im Homeoffice arbeiten“, in 18% „mindestens „eine/r die Arbeitszeit verkürzen“ und in 6% kann „mindestens ein Elternteil derzeit nicht arbeiten“.
Das Homeschooling hat damit auch spürbare Auswirkungen auf die finanzielle Situation vieler Familien.
11% der Grundschulfamilien haben finanzielle Einbußen von 40% und mehr. 28% fehlen zwischen 10% und 30% der Einkünfte. 61% haben keine Einbußen.
Familien von Schüler*innen der weiterführenden Schulen haben „nur“ zu 4% ein Einkommensminus von 40% und mehr und zu 24% zwischen 10% und 30%. 72% haben keine Einbußen.
Was fehlt dir beim Homeschooling?
Mehr als 400 Umfrageteilnehmer haben diese Frage beantwortet – eine Antwort bringt es auf den Punkt „Meine Klasse !!“. Die fehlenden sozialen Kontakte sind für sehr viele ein großes Problem.
„Mir fehlt es, meine Freunde zu sehen und mich mit ihnen auch über den Stoff auszutauschen. Es fällt mir schwerer, Aufgaben gewissenhaft zu erledigen oder mich für die Schule zu motivieren, als wenn ich jeden Tag zur Schule gehen würde.“
Viele Antworten wurden in ähnlicher Form häufiger gegeben. Um diesen Artikel nicht vollends zu sprengen, können wir hier nur eine kleine Auswahl veröffentlichen: „Mir fehlt der persönliche Kontakt zum Lehrer um spontane Fragen stellen zu können, bzw. durch die Fragen meiner Mitschüler auch etwas zu lernen.“
„Live Unterricht! Ein Lehrer hat es als einziger geschafft sich einen Youtube-Kanal einzurichten und „live“ vor die Kamera zu treten um wie gewohnt zu unterrichten. Das war toll!“
„Als Eltern ist es sehr schwer den Überblick zu behalten und zu wissen, was man eigentlich mit/für die Kinder tun muss.“
„Die Anwesendheit der Lehrkraft, wenn die Lehrkraft nur einmal am Tag für 30 Minuten einen kurzen Vortrag hält und dann Aufgaben für den Tag erteilt, reicht das einfach nicht aus.“
„Ich arbeite Vollzeit und soll zwei Kinder unterrichten – wie soll das gehen? Mir fehlt jeglicher Respekt der Leute, die so etwas entscheiden. Diese Leute schaffen es nicht einmal, eine funktionierende Plattform einzurichten und ich soll mich 24 Stunden um die Kinder kümmern, kochen und arbeiten.“
„Mir fehlt die Sorgepflicht der Lehrkräfte, die möglichen sozialen Probleme innerhalb einer Familie zu entdecken.“
„Ich wünsche mir mehr Rückmeldungen von den Fachlehrern zu den Leistungen und dem Engagement meines Kindes. Ich bekomme nur eine Rückmeldung, falls ein Arbeitsauftrag oder Hausaufgabe nicht abgegeben wurde. Wichtig für mich wäre die Einschätzung des Lehrers zu: Wird der Schüler erreicht? Versteckt er sich? Versucht er nicht aufzufallen und die Stunde einfach rumzukriegen? Hat er begriffen, dass er in der Abschlussklasse ist und bald die Mittlere-Reife-Prüfung schreibt? Ist er bei der Sache oder hängt er parallel in einer anderen Session mit seinen Kumpels?“
„Lehrer, die sich täglich mit ihren Schülern in Verbindung setzen (im Gegensatz zu: „Lad dir am Montag die Aufgaben runter und schicke sie mir bis Freitag“).“
Technische Probleme und Ausstattung
Obwohl uns die Geschwindigkeit der Internetanschlüsse der einzelnen Haushalte nicht bekannt ist, kann davon ausgegangen werden, dass die Versorgung im Würmtal mit schnellem Internet zufriedenstellend ist. Streamingangebote (die Nutzung von Mediatheken, Skyticket, Netflix etc.) funktioniert laut Umfrageergebnis gemeindeübergreifend in rund zwei Drittel der Haushalte gut.
Da in 80% der Haushalte mehrere Personen gleichzeitig den Internetzugang für Homeoffice oder Homeschooling nutzen, liegt das Problem der einen oder anderen Leitungsüberlastung eventuell auch am gewählten DSL-Tarif und nicht nur bei denen Anbietern.
Die überwiegende Mehrheit der Schüler*innen hat eine geeignetes Gerät (PC, Notebook, Tablet, iPad) zur Verfügung. Allerdings müssen sich 20% der Grundschüler dieses während des Homeschoolings mit einem anderen Familienmitglied teilen, in den Gymnasien sind es noch 6% und an der Realschule Gauting als reine iPad-Schule nur noch 1,5 %.
Erschreckend fanden wir es trotzdem, dass 10 Teilnehmer geantwortet haben, am Homeschooling nur mit dem Handy teilnehmen zu können.
Redaktion: Ulrike Seiffert, Jürgen Haubeil, Carsten Schmitz / Unser Würmtal