Naturschützer für Windkraft in Gauting
Über ein immer noch hohes Interesse konnten sich die Organisatoren vom Grünzugnetzwerk-Würmtal im Bosco in Gauting freuen
Innerhalb von etwas mehr als einem halben Jahr fand die vierte Veranstaltung zum gleichen Thema statt. Trotzdem füllten die Gautinger und weiter Interessierte das Bosco erneut bis auf den letzten Platz. Windkraft um Gauting und im Würmtal geht irgendwie alle an - Gegner und Befürworter gleichermaßen.
Ungewöhnlicher Auftakt
Moderatorin Hannah Böttcher bat zu Beginn der Veranstaltung mit mäßigem Erfolg um Ruhe. Bei nach wie vor hohem Geräuschpegel betrat der Hauptredner des Abends die Bühne. Spiegel-Bestsellerautor Prof. Michael Sterner ließ aber das Rednerpult links liegen und begab sich zum Flügel. Letzterer hatte schon für Diskussionen gesorgt, verdeckte er doch für einige Gäste der Veranstaltung die Präsentation auf der Leinwand. Kaum entlockte Sterner dem Flügel die ersten Töne trat absolute Ruhe ein. Es entwickelte sich eine entspannte Atmosphäre, die über die ganze Veranstaltung anhielt.
Böttcher eröffnete anschließend die Veranstaltung und erklärte routiniert den Ablauf. Erst würden die eingeladenen Fachleute ihre Vorträge halten, nach einer anschließenden Pause sollte eine Fragerunde folgen. Dr. Herbert Stepp, Vorstand vom Grünzugnetzwerk-Würmtal, trat als erster ans Rednerpult. Er erläuterte die Notwendigkeit, dass die Windkraft auch aus dem Blickwinkel des Naturschutzes zu betrachten sei.
Kritik
Stepp konnte sich einen Seitenhieb auf die Methodik des Windkraftgegners Prof. Dr. Fritz Vahrenholt nicht verkneifen. Vahrenholt war im April ebenfalls im Bosco aufgetreten und hatte eine Aussage zur Mikroplastikverseuchung gemacht. Dabei hatte Vahrenholt Zahlen genannt, ohne diese ins Verhältnis zu anderen Ursachen der Verschmutzung zu setzen. Stepp zeigte auf, dass die Mikroplastikverseuchung durch Windräder, gemessen an der Verursachung durch Autoreifen, zu vernachlässigen ist. Selbst der Abrieb von Schuhsohlen beträgt ein Vielfaches der Mikroplastikverseuchung durch Windräder.
Gautings Bürgermeisterin, Dr. Brigitte Kössinger, nahm kurz Stellung zu den Vorwürfen der Windkraftgegner gegenüber der Verwaltung. Vor allem erklärte sie den Entscheidung des Gemeinderates, das Bürgerbegehren wegen Fehlinformationen in der Fragestellung nicht zuzulassen. Die Fragestellung suggeriere, dass durch das Bürgerbegehren Windkraftanlagen um Gauting verhindert werden könnten - was aber nicht der Fall sei. Sie selber sei gespannt auf eine mögliche gerichtliche Entscheidung, falls die Initiative Umwelt-Energie-Gauting (BUEG), wie angekündigt, juristisch gegen die Entscheidung des Gemeinderates vorgehen würde.
Flugbetrieb und Windräder
Robert Sing, vom gleichnamigen Ingenieur-Büro, führte über die weitere Planung und Entwicklung zu den Gautinger Windkraftanlagen aus. Insbesondere nahm er auch Stellung zur Beurteilung der Deutschen Flugsicherung (DFS) bzgl. des Anflugverhaltens zum Flughafen Oberpfaffenhofen Stellung. Dies sei eine erste Aussage der DFS gewesen. Ähnliche Aussagen seien zunächst bei vielen Windkraftprojekten gemacht worden. In fast allen Fällen hätten sich dann Lösungen ergeben. Da hier gesetzliche Änderungen bzgl. der Bevorzugung von Windkraftanlagen vorgenommen wurden, sieht Sing den Verhandlungen um das Anflugverhalten für Oberpfaffenhofen mit der DFS mit Optimismus entgegen.
Rupert Steigenberger, Bürgermeister von Berg, äußerte sich zu den positiven finanziellen Auswirkungen für die Gemeinde und die Anleger. Auch hob er die gute Zusammenarbeit mit dem Ingenieur-Büro Sing hervor. Die ausgewiesene Expertise von Robert Sing hatte den Ausschlag bei der Entscheidung gegeben und diese habe weder er noch der Gemeinderat bisher bereut.
Versäumnisse und Möglichkeiten
Der Vortrag von Prof. Michael Sterner von der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg (OTH Regensburg) wurde mit Spannung erwartet und die Zuhörer wurden nicht enttäuscht! Eloquent führte Sterner durch die Themen Stromtrassenversäumnisse und Behinderung des Windkraftausbaus durch die bayr. Staatsregierung, Speichermöglichkeiten und Optionen zur Umwandlung von Strom in andere Energieträger. Technisch sei das längst alles gelöst, man muss es nur endlich tun!
Er holte danach zu einer charmant verpackten "Backpfeife" für die Verfechter von sauberer Atomenergie durch Kernfusion aus: "Wie wollen sie die 50 bis 100 Jahre überbrücken, bis diese Technik funktioniert?" Er erwarte von Windkraftgegnern, dass sie jetzt alternative Lösungen anbieten würden, denn die Energiewende sei jetzt notwendig. Sonst sei unser Ökosystem irreparabel zerstört. Sterners Vortrag endete mit großem Applaus aus dem Publikum.
Wald retten
In die selbe Kerbe schlug Simon Tangerding von der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald. Als Förster werden ihm jeden Tag die Probleme im Wald vor Augen geführt. "Wie übrigens allen meinen Kollegen! Ich habe heute morgen mit einem Kollegen aus Kitzingen telefoniert. Kitzingen überhitzt regelmäßig, weil der Wald in der Hauptwindrichtung inzwischen weg ist. Da stehen nur mehr ein paar wenige Bäume und die können die Funktion der kühleren Frischluft für Kitzingen nicht erfüllen. Wir müssen die fossile Energieversorgung zugunsten der erneuerbaren Energien ersetzen - auch mit Windrädern! Windkraft tut dem Wald durch die CO2-Einsparung gut," war das Plädoyer von Tangerding.
Den Wald erhalten, geht laut Tangerding sowieso nur durch massiven Waldumbau. 45 Prozent unserer Wälder um München bestehen aus Fichten. Die werden in 50 bis 100 Jahren nicht mehr vorhanden sein, führte Tangerding aus.
Er ging noch kurz auf die Probleme mit dem Verbiss durch Rot- und Schwarzwild ein. Es gibt eine Überpopulation dieser Tiere und Tangerding gab abschließend den scherzhaften Rat: "Bestellen Sie Rehgulasch und Wildscheinbraten im Wirtshaus. Das ist aktiver Umweltschutz."
Fragestunde
Nach einer halbstündigen Pause rief Moderatorin Moderatorin Hannah Böttcher zur Fragestunde auf. Die Besucher konnten ihre Fragen auf Zettel an Tafeln der unterschiedlichen Fachgebieten kleben. Diese waren den Referenten zugeordnet.
Tangerding beantwortet die Frage nach den geeigneten Standorten bei Buchendorf und Königswiesen. Er hatte von den Planern Koordinaten für die voraussichtlichen Standorte erhalten. "Einige der Standorte sollten ein paar Meter in Bereiche mit minderwertigerem Bewuchs verlegt werden, aber ich denke das wird kein Problem machen," war seine Aussage. Robert Sing wurde gefragt, ober er das Projekt auch mit nur fünf Windkraftanlagen durchziehen würde. "Ja," war die knappe Antwort.
An Michael Sterner ging die Frage, wie viel ein Drei-Gigawattstunden-Gasspeicherspeicher für Gauting kosten würde. Sterner erklärte, dass die Speicherung von Strom nur in geringeren Mengen lokal vorgenommen wird und das ganze Stromnetz dynamisch reagiert. Es gibt aber bereits große, überregionale Speicher. Diese würden aber noch ausgebaut werden müssen. Die Speicherung erfolge aber nur zum Teil in Batterien, sondern es würden auch Wasserstoff und weitere Energieträger erzeugt. Diese würden nicht nur zur Speicherung genutzt, auch der Verbrauch für z.B. grünen Wasserstoff in der Mobilität müsse gedeckt werden.
Ob wir unser Leben wieder mehr nach Natur einrichten müssten und energieintensive Arbeiten oder Leistungen zu Zeiten der stärksten Stromerzeugung erbringen müssten, war eine weiter Frage an Sterner. Er erklärte an einem praktischen Beispiel aus seiner Familie, dass dem nicht so ist. Sterner erzeugt natürlich Strom über eine eigene PV-Anlage und wollte seiner Frau erklären, zu welchen Zeiten, Wasch- und Spülmaschinen einzusetzen seien. Dies führte zu kräftigem Gegenwind seitens seiner Frau: "Dann musst Du halt den Strom speichern damit wir diesen verbrauchen können, wenn wir ihn benötigen!" Und so wurde die Lösung umgesetzt. Genauso funktioniert das auch im Großen für Industrie und Allgemeinheit.
Atomkraftwerke nutzen?
Sterner wurde auch gefragt, ob Atomkraftwerke als Speicher genutzt würden. "Ja, das ist richtig. Atomkraftwerke sind optimal an das Leitungsnetz angebunden. Bereits jetzt kaufen Firmen rund um die Atomkraftwerke Grund, um dort Speicher zu bauen oder Wasserstoff zu produzieren," antwortete Sterner.
Fragen, die aus Zeitgründen nicht mehr beantwortet werden konnten, werden in den nächsten Tagen inkl. Antworten auf der Homepage des Grünzugnetzwerk-Würmtal e.V. zu finden sein.
Die Veranstaltung wurde von vielen Besuchern schon in der Pause gelobt. Die meisten gingen um viele Informationen reicher mit einem guten Gefühl nach Hause.
Redaktion Unser Würmtal / jh
Naturschützer für Windkraft in Gauting
Über ein immer noch hohes Interesse konnten sich die Organisatoren vom Grünzugnetzwerk-Würmtal im Bosco in Gauting freuen
Innerhalb von etwas mehr als einem halben Jahr fand die vierte Veranstaltung zum gleichen Thema statt. Trotzdem füllten die Gautinger und weiter Interessierte das Bosco erneut bis auf den letzten Platz. Windkraft um Gauting und im Würmtal geht irgendwie alle an - Gegner und Befürworter gleichermaßen.
Ungewöhnlicher Auftakt
Moderatorin Hannah Böttcher bat zu Beginn der Veranstaltung mit mäßigem Erfolg um Ruhe. Bei nach wie vor hohem Geräuschpegel betrat der Hauptredner des Abends die Bühne. Spiegel-Bestsellerautor Prof. Michael Sterner ließ aber das Rednerpult links liegen und begab sich zum Flügel. Letzterer hatte schon für Diskussionen gesorgt, verdeckte er doch für einige Gäste der Veranstaltung die Präsentation auf der Leinwand. Kaum entlockte Sterner dem Flügel die ersten Töne trat absolute Ruhe ein. Es entwickelte sich eine entspannte Atmosphäre, die über die ganze Veranstaltung anhielt.
Böttcher eröffnete anschließend die Veranstaltung und erklärte routiniert den Ablauf. Erst würden die eingeladenen Fachleute ihre Vorträge halten, nach einer anschließenden Pause sollte eine Fragerunde folgen. Dr. Herbert Stepp, Vorstand vom Grünzugnetzwerk-Würmtal, trat als erster ans Rednerpult. Er erläuterte die Notwendigkeit, dass die Windkraft auch aus dem Blickwinkel des Naturschutzes zu betrachten sei.
Kritik
Stepp konnte sich einen Seitenhieb auf die Methodik des Windkraftgegners Prof. Dr. Fritz Vahrenholt nicht verkneifen. Vahrenholt war im April ebenfalls im Bosco aufgetreten und hatte eine Aussage zur Mikroplastikverseuchung gemacht. Dabei hatte Vahrenholt Zahlen genannt, ohne diese ins Verhältnis zu anderen Ursachen der Verschmutzung zu setzen. Stepp zeigte auf, dass die Mikroplastikverseuchung durch Windräder, gemessen an der Verursachung durch Autoreifen, zu vernachlässigen ist. Selbst der Abrieb von Schuhsohlen beträgt ein Vielfaches der Mikroplastikverseuchung durch Windräder.
Gautings Bürgermeisterin, Dr. Brigitte Kössinger, nahm kurz Stellung zu den Vorwürfen der Windkraftgegner gegenüber der Verwaltung. Vor allem erklärte sie den Entscheidung des Gemeinderates, das Bürgerbegehren wegen Fehlinformationen in der Fragestellung nicht zuzulassen. Die Fragestellung suggeriere, dass durch das Bürgerbegehren Windkraftanlagen um Gauting verhindert werden könnten - was aber nicht der Fall sei. Sie selber sei gespannt auf eine mögliche gerichtliche Entscheidung, falls die Initiative Umwelt-Energie-Gauting (BUEG), wie angekündigt, juristisch gegen die Entscheidung des Gemeinderates vorgehen würde.
Flugbetrieb und Windräder
Robert Sing, vom gleichnamigen Ingenieur-Büro, führte über die weitere Planung und Entwicklung zu den Gautinger Windkraftanlagen aus. Insbesondere nahm er auch Stellung zur Beurteilung der Deutschen Flugsicherung (DFS) bzgl. des Anflugverhaltens zum Flughafen Oberpfaffenhofen Stellung. Dies sei eine erste Aussage der DFS gewesen. Ähnliche Aussagen seien zunächst bei vielen Windkraftprojekten gemacht worden. In fast allen Fällen hätten sich dann Lösungen ergeben. Da hier gesetzliche Änderungen bzgl. der Bevorzugung von Windkraftanlagen vorgenommen wurden, sieht Sing den Verhandlungen um das Anflugverhalten für Oberpfaffenhofen mit der DFS mit Optimismus entgegen.
Rupert Steigenberger, Bürgermeister von Berg, äußerte sich zu den positiven finanziellen Auswirkungen für die Gemeinde und die Anleger. Auch hob er die gute Zusammenarbeit mit dem Ingenieur-Büro Sing hervor. Die ausgewiesene Expertise von Robert Sing hatte den Ausschlag bei der Entscheidung gegeben und diese habe weder er noch der Gemeinderat bisher bereut.
Versäumnisse und Möglichkeiten
Der Vortrag von Prof. Michael Sterner von der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg (OTH Regensburg) wurde mit Spannung erwartet und die Zuhörer wurden nicht enttäuscht! Eloquent führte Sterner durch die Themen Stromtrassenversäumnisse und Behinderung des Windkraftausbaus durch die bayr. Staatsregierung, Speichermöglichkeiten und Optionen zur Umwandlung von Strom in andere Energieträger. Technisch sei das längst alles gelöst, man muss es nur endlich tun!
Er holte danach zu einer charmant verpackten "Backpfeife" für die Verfechter von sauberer Atomenergie durch Kernfusion aus: "Wie wollen sie die 50 bis 100 Jahre überbrücken, bis diese Technik funktioniert?" Er erwarte von Windkraftgegnern, dass sie jetzt alternative Lösungen anbieten würden, denn die Energiewende sei jetzt notwendig. Sonst sei unser Ökosystem irreparabel zerstört. Sterners Vortrag endete mit großem Applaus aus dem Publikum.
Wald retten
In die selbe Kerbe schlug Simon Tangerding von der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald. Als Förster werden ihm jeden Tag die Probleme im Wald vor Augen geführt. "Wie übrigens allen meinen Kollegen! Ich habe heute morgen mit einem Kollegen aus Kitzingen telefoniert. Kitzingen überhitzt regelmäßig, weil der Wald in der Hauptwindrichtung inzwischen weg ist. Da stehen nur mehr ein paar wenige Bäume und die können die Funktion der kühleren Frischluft für Kitzingen nicht erfüllen. Wir müssen die fossile Energieversorgung zugunsten der erneuerbaren Energien ersetzen - auch mit Windrädern! Windkraft tut dem Wald durch die CO2-Einsparung gut," war das Plädoyer von Tangerding.
Den Wald erhalten, geht laut Tangerding sowieso nur durch massiven Waldumbau. 45 Prozent unserer Wälder um München bestehen aus Fichten. Die werden in 50 bis 100 Jahren nicht mehr vorhanden sein, führte Tangerding aus.
Er ging noch kurz auf die Probleme mit dem Verbiss durch Rot- und Schwarzwild ein. Es gibt eine Überpopulation dieser Tiere und Tangerding gab abschließend den scherzhaften Rat: "Bestellen Sie Rehgulasch und Wildscheinbraten im Wirtshaus. Das ist aktiver Umweltschutz."
Fragestunde
Nach einer halbstündigen Pause rief Moderatorin Moderatorin Hannah Böttcher zur Fragestunde auf. Die Besucher konnten ihre Fragen auf Zettel an Tafeln der unterschiedlichen Fachgebieten kleben. Diese waren den Referenten zugeordnet.
Tangerding beantwortet die Frage nach den geeigneten Standorten bei Buchendorf und Königswiesen. Er hatte von den Planern Koordinaten für die voraussichtlichen Standorte erhalten. "Einige der Standorte sollten ein paar Meter in Bereiche mit minderwertigerem Bewuchs verlegt werden, aber ich denke das wird kein Problem machen," war seine Aussage. Robert Sing wurde gefragt, ober er das Projekt auch mit nur fünf Windkraftanlagen durchziehen würde. "Ja," war die knappe Antwort.
An Michael Sterner ging die Frage, wie viel ein Drei-Gigawattstunden-Gasspeicherspeicher für Gauting kosten würde. Sterner erklärte, dass die Speicherung von Strom nur in geringeren Mengen lokal vorgenommen wird und das ganze Stromnetz dynamisch reagiert. Es gibt aber bereits große, überregionale Speicher. Diese würden aber noch ausgebaut werden müssen. Die Speicherung erfolge aber nur zum Teil in Batterien, sondern es würden auch Wasserstoff und weitere Energieträger erzeugt. Diese würden nicht nur zur Speicherung genutzt, auch der Verbrauch für z.B. grünen Wasserstoff in der Mobilität müsse gedeckt werden.
Ob wir unser Leben wieder mehr nach Natur einrichten müssten und energieintensive Arbeiten oder Leistungen zu Zeiten der stärksten Stromerzeugung erbringen müssten, war eine weiter Frage an Sterner. Er erklärte an einem praktischen Beispiel aus seiner Familie, dass dem nicht so ist. Sterner erzeugt natürlich Strom über eine eigene PV-Anlage und wollte seiner Frau erklären, zu welchen Zeiten, Wasch- und Spülmaschinen einzusetzen seien. Dies führte zu kräftigem Gegenwind seitens seiner Frau: "Dann musst Du halt den Strom speichern damit wir diesen verbrauchen können, wenn wir ihn benötigen!" Und so wurde die Lösung umgesetzt. Genauso funktioniert das auch im Großen für Industrie und Allgemeinheit.
Atomkraftwerke nutzen?
Sterner wurde auch gefragt, ob Atomkraftwerke als Speicher genutzt würden. "Ja, das ist richtig. Atomkraftwerke sind optimal an das Leitungsnetz angebunden. Bereits jetzt kaufen Firmen rund um die Atomkraftwerke Grund, um dort Speicher zu bauen oder Wasserstoff zu produzieren," antwortete Sterner.
Fragen, die aus Zeitgründen nicht mehr beantwortet werden konnten, werden in den nächsten Tagen inkl. Antworten auf der Homepage des Grünzugnetzwerk-Würmtal e.V. zu finden sein.
Die Veranstaltung wurde von vielen Besuchern schon in der Pause gelobt. Die meisten gingen um viele Informationen reicher mit einem guten Gefühl nach Hause.
Redaktion Unser Würmtal / jh
Naturschützer für Windkraft in Gauting
Über ein immer noch hohes Interesse konnten sich die Organisatoren vom Grünzugnetzwerk-Würmtal im Bosco in Gauting freuen
Innerhalb von etwas mehr als einem halben Jahr fand die vierte Veranstaltung zum gleichen Thema statt. Trotzdem füllten die Gautinger und weiter Interessierte das Bosco erneut bis auf den letzten Platz. Windkraft um Gauting und im Würmtal geht irgendwie alle an - Gegner und Befürworter gleichermaßen.
Ungewöhnlicher Auftakt
Moderatorin Hannah Böttcher bat zu Beginn der Veranstaltung mit mäßigem Erfolg um Ruhe. Bei nach wie vor hohem Geräuschpegel betrat der Hauptredner des Abends die Bühne. Spiegel-Bestsellerautor Prof. Michael Sterner ließ aber das Rednerpult links liegen und begab sich zum Flügel. Letzterer hatte schon für Diskussionen gesorgt, verdeckte er doch für einige Gäste der Veranstaltung die Präsentation auf der Leinwand. Kaum entlockte Sterner dem Flügel die ersten Töne trat absolute Ruhe ein. Es entwickelte sich eine entspannte Atmosphäre, die über die ganze Veranstaltung anhielt.
Böttcher eröffnete anschließend die Veranstaltung und erklärte routiniert den Ablauf. Erst würden die eingeladenen Fachleute ihre Vorträge halten, nach einer anschließenden Pause sollte eine Fragerunde folgen. Dr. Herbert Stepp, Vorstand vom Grünzugnetzwerk-Würmtal, trat als erster ans Rednerpult. Er erläuterte die Notwendigkeit, dass die Windkraft auch aus dem Blickwinkel des Naturschutzes zu betrachten sei.
Kritik
Stepp konnte sich einen Seitenhieb auf die Methodik des Windkraftgegners Prof. Dr. Fritz Vahrenholt nicht verkneifen. Vahrenholt war im April ebenfalls im Bosco aufgetreten und hatte eine Aussage zur Mikroplastikverseuchung gemacht. Dabei hatte Vahrenholt Zahlen genannt, ohne diese ins Verhältnis zu anderen Ursachen der Verschmutzung zu setzen. Stepp zeigte auf, dass die Mikroplastikverseuchung durch Windräder, gemessen an der Verursachung durch Autoreifen, zu vernachlässigen ist. Selbst der Abrieb von Schuhsohlen beträgt ein Vielfaches der Mikroplastikverseuchung durch Windräder.
Gautings Bürgermeisterin, Dr. Brigitte Kössinger, nahm kurz Stellung zu den Vorwürfen der Windkraftgegner gegenüber der Verwaltung. Vor allem erklärte sie den Entscheidung des Gemeinderates, das Bürgerbegehren wegen Fehlinformationen in der Fragestellung nicht zuzulassen. Die Fragestellung suggeriere, dass durch das Bürgerbegehren Windkraftanlagen um Gauting verhindert werden könnten - was aber nicht der Fall sei. Sie selber sei gespannt auf eine mögliche gerichtliche Entscheidung, falls die Initiative Umwelt-Energie-Gauting (BUEG), wie angekündigt, juristisch gegen die Entscheidung des Gemeinderates vorgehen würde.
Flugbetrieb und Windräder
Robert Sing, vom gleichnamigen Ingenieur-Büro, führte über die weitere Planung und Entwicklung zu den Gautinger Windkraftanlagen aus. Insbesondere nahm er auch Stellung zur Beurteilung der Deutschen Flugsicherung (DFS) bzgl. des Anflugverhaltens zum Flughafen Oberpfaffenhofen Stellung. Dies sei eine erste Aussage der DFS gewesen. Ähnliche Aussagen seien zunächst bei vielen Windkraftprojekten gemacht worden. In fast allen Fällen hätten sich dann Lösungen ergeben. Da hier gesetzliche Änderungen bzgl. der Bevorzugung von Windkraftanlagen vorgenommen wurden, sieht Sing den Verhandlungen um das Anflugverhalten für Oberpfaffenhofen mit der DFS mit Optimismus entgegen.
Rupert Steigenberger, Bürgermeister von Berg, äußerte sich zu den positiven finanziellen Auswirkungen für die Gemeinde und die Anleger. Auch hob er die gute Zusammenarbeit mit dem Ingenieur-Büro Sing hervor. Die ausgewiesene Expertise von Robert Sing hatte den Ausschlag bei der Entscheidung gegeben und diese habe weder er noch der Gemeinderat bisher bereut.
Versäumnisse und Möglichkeiten
Der Vortrag von Prof. Michael Sterner von der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg (OTH Regensburg) wurde mit Spannung erwartet und die Zuhörer wurden nicht enttäuscht! Eloquent führte Sterner durch die Themen Stromtrassenversäumnisse und Behinderung des Windkraftausbaus durch die bayr. Staatsregierung, Speichermöglichkeiten und Optionen zur Umwandlung von Strom in andere Energieträger. Technisch sei das längst alles gelöst, man muss es nur endlich tun!
Er holte danach zu einer charmant verpackten "Backpfeife" für die Verfechter von sauberer Atomenergie durch Kernfusion aus: "Wie wollen sie die 50 bis 100 Jahre überbrücken, bis diese Technik funktioniert?" Er erwarte von Windkraftgegnern, dass sie jetzt alternative Lösungen anbieten würden, denn die Energiewende sei jetzt notwendig. Sonst sei unser Ökosystem irreparabel zerstört. Sterners Vortrag endete mit großem Applaus aus dem Publikum.
Wald retten
In die selbe Kerbe schlug Simon Tangerding von der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald. Als Förster werden ihm jeden Tag die Probleme im Wald vor Augen geführt. "Wie übrigens allen meinen Kollegen! Ich habe heute morgen mit einem Kollegen aus Kitzingen telefoniert. Kitzingen überhitzt regelmäßig, weil der Wald in der Hauptwindrichtung inzwischen weg ist. Da stehen nur mehr ein paar wenige Bäume und die können die Funktion der kühleren Frischluft für Kitzingen nicht erfüllen. Wir müssen die fossile Energieversorgung zugunsten der erneuerbaren Energien ersetzen - auch mit Windrädern! Windkraft tut dem Wald durch die CO2-Einsparung gut," war das Plädoyer von Tangerding.
Den Wald erhalten, geht laut Tangerding sowieso nur durch massiven Waldumbau. 45 Prozent unserer Wälder um München bestehen aus Fichten. Die werden in 50 bis 100 Jahren nicht mehr vorhanden sein, führte Tangerding aus.
Er ging noch kurz auf die Probleme mit dem Verbiss durch Rot- und Schwarzwild ein. Es gibt eine Überpopulation dieser Tiere und Tangerding gab abschließend den scherzhaften Rat: "Bestellen Sie Rehgulasch und Wildscheinbraten im Wirtshaus. Das ist aktiver Umweltschutz."
Fragestunde
Nach einer halbstündigen Pause rief Moderatorin Moderatorin Hannah Böttcher zur Fragestunde auf. Die Besucher konnten ihre Fragen auf Zettel an Tafeln der unterschiedlichen Fachgebieten kleben. Diese waren den Referenten zugeordnet.
Tangerding beantwortet die Frage nach den geeigneten Standorten bei Buchendorf und Königswiesen. Er hatte von den Planern Koordinaten für die voraussichtlichen Standorte erhalten. "Einige der Standorte sollten ein paar Meter in Bereiche mit minderwertigerem Bewuchs verlegt werden, aber ich denke das wird kein Problem machen," war seine Aussage. Robert Sing wurde gefragt, ober er das Projekt auch mit nur fünf Windkraftanlagen durchziehen würde. "Ja," war die knappe Antwort.
An Michael Sterner ging die Frage, wie viel ein Drei-Gigawattstunden-Gasspeicherspeicher für Gauting kosten würde. Sterner erklärte, dass die Speicherung von Strom nur in geringeren Mengen lokal vorgenommen wird und das ganze Stromnetz dynamisch reagiert. Es gibt aber bereits große, überregionale Speicher. Diese würden aber noch ausgebaut werden müssen. Die Speicherung erfolge aber nur zum Teil in Batterien, sondern es würden auch Wasserstoff und weitere Energieträger erzeugt. Diese würden nicht nur zur Speicherung genutzt, auch der Verbrauch für z.B. grünen Wasserstoff in der Mobilität müsse gedeckt werden.
Ob wir unser Leben wieder mehr nach Natur einrichten müssten und energieintensive Arbeiten oder Leistungen zu Zeiten der stärksten Stromerzeugung erbringen müssten, war eine weiter Frage an Sterner. Er erklärte an einem praktischen Beispiel aus seiner Familie, dass dem nicht so ist. Sterner erzeugt natürlich Strom über eine eigene PV-Anlage und wollte seiner Frau erklären, zu welchen Zeiten, Wasch- und Spülmaschinen einzusetzen seien. Dies führte zu kräftigem Gegenwind seitens seiner Frau: "Dann musst Du halt den Strom speichern damit wir diesen verbrauchen können, wenn wir ihn benötigen!" Und so wurde die Lösung umgesetzt. Genauso funktioniert das auch im Großen für Industrie und Allgemeinheit.
Atomkraftwerke nutzen?
Sterner wurde auch gefragt, ob Atomkraftwerke als Speicher genutzt würden. "Ja, das ist richtig. Atomkraftwerke sind optimal an das Leitungsnetz angebunden. Bereits jetzt kaufen Firmen rund um die Atomkraftwerke Grund, um dort Speicher zu bauen oder Wasserstoff zu produzieren," antwortete Sterner.
Fragen, die aus Zeitgründen nicht mehr beantwortet werden konnten, werden in den nächsten Tagen inkl. Antworten auf der Homepage des Grünzugnetzwerk-Würmtal e.V. zu finden sein.
Die Veranstaltung wurde von vielen Besuchern schon in der Pause gelobt. Die meisten gingen um viele Informationen reicher mit einem guten Gefühl nach Hause.
Redaktion Unser Würmtal / jh