Die Genehmigungsfiktion besagt, dass ein Wohnbauvorhaben, über das im vereinfachten Verfahren entschieden werden soll, dann als genehmigt gilt, wenn die Bauaufsichtsbehörde nicht innerhalb von drei Monaten über den Bauantrag entschieden hat. (Foto: Romolo Tavani / stock.adobe.com)
„Genehmigungsfiktion“ beschleunigt Verfahren und verbessert Planbarkeit für Bauherren
Das Hauptziel der Novelle der Bayerischen Bauordnung (BayBO) ist die Vereinfachung der Schaffung neuen Wohnraums. Neben dem geänderten Abstandsflächenrecht, über das wir im ersten Teil unserer Serie berichtet haben, bedient sich der bayerische Gesetzgeber eines weiteren Instruments: der Genehmigungsfiktion.
„Die Genehmigungsfiktion für Wohnbauvorhaben gilt etwas zeitversetzt erst für ab dem 1. Mai 2021 eingereichte Bauanträge“, erklärt Rechtsanwältin Friederike Kerger von der Kanzlei Kerger & Partner Rechtsanwälte GbR mit Sitz in München und Gauting. „Mit Fiktion der Genehmigung ist gemeint, dass ein Wohnbauvorhaben (Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung zu Wohnzwecken), über das im vereinfachten Verfahren entschieden werden soll, dann als genehmigt gilt, wenn die Bauaufsichtsbehörde nicht innerhalb von drei Monaten über den Bauantrag entschieden hat. Die Frist beginnt dabei drei Wochen nach Zugang des vollständigen Bauantrags bzw. drei Wochen nach Zugang der angeforderten Unterlagen.“
Auf Verlangen ist dem Antragsteller bzw. seinem Bevollmächtigten der Eintritt der Genehmigungsfiktion schriftlich zu bescheinigen. Auch Nachbarn, die dem Vorhaben nicht zugestimmt haben, können die Vorlage einer schriftlichen Bescheinigung verlangen. Die Bescheinigung gibt den Inhalt der Genehmigung wieder und steht in ihrer Wirkung einer Baugenehmigung gleich. Für den Eintritt der Genehmigungsfiktion ist die Bescheinigung aber gerade keine Vorausset-zung.
Ausnahmen
Zu rechtswidrigen Bauvorhaben erklärt Rechtsanwältin Kerger: „Sofern der Bauantrag formal vollständig ist, tritt die Genehmigungsfiktion auch bei rechtswidrigen Bauvorhaben ein. In diesen Fällen bleibt der Verwaltung jedoch die Möglichkeit, die fiktive Genehmigung ggf. gemäß Art. 48 BayVwVfG (Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts) zurückzunehmen.“
Sollte aus dem Bauantrag nicht bestimmt genug hervorgehen, was genehmigt werden soll oder er andere gravierende Mängel aufweisen, ist es zudem denkbar, dass die fiktive Genehmigung in Einzelfällen nichtig ist. Bauherren, die nicht auf die Genehmigungsfiktion zurückgreifen, sondern eine explizite Genehmigung erhalten möchten, können vor Ablauf der Entscheidungsfrist gegenüber der Genehmigungsbehörde erklären, auf den Eintritt der Genehmigungsfiktion zu verzichten.
Erwartete Wirkung
Die Neuerung der BayBO bedeutet ein schnelleres Verfahren und bessere Planbarkeit für die Bauherren. „Durch die vielerorts überlasteten Behörden versprechen wir uns von dieser Neuregelung eine merkliche Verbesserung für die Antragssteller. In der Vergangenheit ist es in unserer Praxis wiederholt zu überlangen Bearbeitungszeiten gekommen, die für Antragssteller und Behörden unzufriedenstellend sind. Mancherorts wird die Novelle der BayBO auch zum Anlass für die Straffung verwaltungsinterner Abläufe genutzt“, erklärt Rechtsanwältin Friederike Kerger weiter.
Ebenso ist eine Entlastung der Verwaltung zu erwarten. Zum Beispiel hat die Stadt Nürnberg bereits bekannt gegeben, einfache Bauanträge, die offensichtlich keine wesentlichen Probleme aufwerfen, die also weder Denkmal- noch Nachbar- oder Naturschutzrecht tangieren, in Zukunft meist in die Fiktion laufen zu lassen. Kerger dazu: „Fest steht bereits jetzt, dass durch die Fiktionswirkung künftig deutlich mehr Verantwortung auf den Planern und letztlich auch Bauherren lastet. Das ist aus meiner Sicht der Preis für die verkürzten Genehmigungsprozesse“.
Weitere Verbesserungen
Die Regelungen der neuen BayBO ermöglichen zudem Nutzungsänderungen, Sanierungen, Aufstockungen und Ausbauten, die bislang wegen der vormals höheren Anforderungen des Ab-standsflächenrechts oder bautechnischer Vorgaben unwirtschaftlich bzw. nicht möglich waren.
Beispiele dafür sind zum einen die Nutzungsänderung von Dachgeschossen zu Wohnzwecken. Diese werden genehmigungsfrei gestellt, d.h. anders als bisher ist künftig keine Genehmigung mehr nötig, wenn Dachgeschosse zur Schaffung von Wohnraum ausgebaut werden.
Zum zweiten entfällt die Aufzugspflicht bei Aufstockungen, wenn der Aufwand unverhältnismäßig groß wäre. Bislang war ab einer bestimmten Gebäudehöhe ein Aufzug ohne Rücksicht auf den hierfür erforderlichen Aufwand vorgeschrieben.
Für weitergehende Fragen zum Thema dürfen wir auf die Kanzlei Kerger & Partner in Gauting verweisen. Sie steht in allen Fragen zum Thema Immobilien- und Grundstücksrecht zur Verfügung und gibt im dritten Teil unserer Serie Einblicke u.a. in das Thema „flexiblere Handhabung der Stellplatzpflicht durch die Gemeinden zur Verwirklichung alternativer Mobilitätskonzepte“.
Redaktion: Ulrike Seiffert / Unser Würmtal
Die Genehmigungsfiktion besagt, dass ein Wohnbauvorhaben, über das im vereinfachten Verfahren entschieden werden soll, dann als genehmigt gilt, wenn die Bauaufsichtsbehörde nicht innerhalb von drei Monaten über den Bauantrag entschieden hat. (Foto: Romolo Tavani / stock.adobe.com)
„Genehmigungsfiktion“ beschleunigt Verfahren und verbessert Planbarkeit für Bauherren
Das Hauptziel der Novelle der Bayerischen Bauordnung (BayBO) ist die Vereinfachung der Schaffung neuen Wohnraums. Neben dem geänderten Abstandsflächenrecht, über das wir im ersten Teil unserer Serie berichtet haben, bedient sich der bayerische Gesetzgeber eines weiteren Instruments: der Genehmigungsfiktion.
„Die Genehmigungsfiktion für Wohnbauvorhaben gilt etwas zeitversetzt erst für ab dem 1. Mai 2021 eingereichte Bauanträge“, erklärt Rechtsanwältin Friederike Kerger von der Kanzlei Kerger & Partner Rechtsanwälte GbR mit Sitz in München und Gauting. „Mit Fiktion der Genehmigung ist gemeint, dass ein Wohnbauvorhaben (Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung zu Wohnzwecken), über das im vereinfachten Verfahren entschieden werden soll, dann als genehmigt gilt, wenn die Bauaufsichtsbehörde nicht innerhalb von drei Monaten über den Bauantrag entschieden hat. Die Frist beginnt dabei drei Wochen nach Zugang des vollständigen Bauantrags bzw. drei Wochen nach Zugang der angeforderten Unterlagen.“
Auf Verlangen ist dem Antragsteller bzw. seinem Bevollmächtigten der Eintritt der Genehmigungsfiktion schriftlich zu bescheinigen. Auch Nachbarn, die dem Vorhaben nicht zugestimmt haben, können die Vorlage einer schriftlichen Bescheinigung verlangen. Die Bescheinigung gibt den Inhalt der Genehmigung wieder und steht in ihrer Wirkung einer Baugenehmigung gleich. Für den Eintritt der Genehmigungsfiktion ist die Bescheinigung aber gerade keine Vorausset-zung.
Ausnahmen
Zu rechtswidrigen Bauvorhaben erklärt Rechtsanwältin Kerger: „Sofern der Bauantrag formal vollständig ist, tritt die Genehmigungsfiktion auch bei rechtswidrigen Bauvorhaben ein. In diesen Fällen bleibt der Verwaltung jedoch die Möglichkeit, die fiktive Genehmigung ggf. gemäß Art. 48 BayVwVfG (Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts) zurückzunehmen.“
Sollte aus dem Bauantrag nicht bestimmt genug hervorgehen, was genehmigt werden soll oder er andere gravierende Mängel aufweisen, ist es zudem denkbar, dass die fiktive Genehmigung in Einzelfällen nichtig ist. Bauherren, die nicht auf die Genehmigungsfiktion zurückgreifen, sondern eine explizite Genehmigung erhalten möchten, können vor Ablauf der Entscheidungsfrist gegenüber der Genehmigungsbehörde erklären, auf den Eintritt der Genehmigungsfiktion zu verzichten.
Erwartete Wirkung
Die Neuerung der BayBO bedeutet ein schnelleres Verfahren und bessere Planbarkeit für die Bauherren. „Durch die vielerorts überlasteten Behörden versprechen wir uns von dieser Neuregelung eine merkliche Verbesserung für die Antragssteller. In der Vergangenheit ist es in unserer Praxis wiederholt zu überlangen Bearbeitungszeiten gekommen, die für Antragssteller und Behörden unzufriedenstellend sind. Mancherorts wird die Novelle der BayBO auch zum Anlass für die Straffung verwaltungsinterner Abläufe genutzt“, erklärt Rechtsanwältin Friederike Kerger weiter.
Ebenso ist eine Entlastung der Verwaltung zu erwarten. Zum Beispiel hat die Stadt Nürnberg bereits bekannt gegeben, einfache Bauanträge, die offensichtlich keine wesentlichen Probleme aufwerfen, die also weder Denkmal- noch Nachbar- oder Naturschutzrecht tangieren, in Zukunft meist in die Fiktion laufen zu lassen. Kerger dazu: „Fest steht bereits jetzt, dass durch die Fiktionswirkung künftig deutlich mehr Verantwortung auf den Planern und letztlich auch Bauherren lastet. Das ist aus meiner Sicht der Preis für die verkürzten Genehmigungsprozesse“.
Weitere Verbesserungen
Die Regelungen der neuen BayBO ermöglichen zudem Nutzungsänderungen, Sanierungen, Aufstockungen und Ausbauten, die bislang wegen der vormals höheren Anforderungen des Ab-standsflächenrechts oder bautechnischer Vorgaben unwirtschaftlich bzw. nicht möglich waren.
Beispiele dafür sind zum einen die Nutzungsänderung von Dachgeschossen zu Wohnzwecken. Diese werden genehmigungsfrei gestellt, d.h. anders als bisher ist künftig keine Genehmigung mehr nötig, wenn Dachgeschosse zur Schaffung von Wohnraum ausgebaut werden.
Zum zweiten entfällt die Aufzugspflicht bei Aufstockungen, wenn der Aufwand unverhältnismäßig groß wäre. Bislang war ab einer bestimmten Gebäudehöhe ein Aufzug ohne Rücksicht auf den hierfür erforderlichen Aufwand vorgeschrieben.
Für weitergehende Fragen zum Thema dürfen wir auf die Kanzlei Kerger & Partner in Gauting verweisen. Sie steht in allen Fragen zum Thema Immobilien- und Grundstücksrecht zur Verfügung und gibt im dritten Teil unserer Serie Einblicke u.a. in das Thema „flexiblere Handhabung der Stellplatzpflicht durch die Gemeinden zur Verwirklichung alternativer Mobilitätskonzepte“.
Redaktion: Ulrike Seiffert / Unser Würmtal
Die Genehmigungsfiktion besagt, dass ein Wohnbauvorhaben, über das im vereinfachten Verfahren entschieden werden soll, dann als genehmigt gilt, wenn die Bauaufsichtsbehörde nicht innerhalb von drei Monaten über den Bauantrag entschieden hat. (Foto: Romolo Tavani / stock.adobe.com)
„Genehmigungsfiktion“ beschleunigt Verfahren und verbessert Planbarkeit für Bauherren
Das Hauptziel der Novelle der Bayerischen Bauordnung (BayBO) ist die Vereinfachung der Schaffung neuen Wohnraums. Neben dem geänderten Abstandsflächenrecht, über das wir im ersten Teil unserer Serie berichtet haben, bedient sich der bayerische Gesetzgeber eines weiteren Instruments: der Genehmigungsfiktion.
„Die Genehmigungsfiktion für Wohnbauvorhaben gilt etwas zeitversetzt erst für ab dem 1. Mai 2021 eingereichte Bauanträge“, erklärt Rechtsanwältin Friederike Kerger von der Kanzlei Kerger & Partner Rechtsanwälte GbR mit Sitz in München und Gauting. „Mit Fiktion der Genehmigung ist gemeint, dass ein Wohnbauvorhaben (Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung zu Wohnzwecken), über das im vereinfachten Verfahren entschieden werden soll, dann als genehmigt gilt, wenn die Bauaufsichtsbehörde nicht innerhalb von drei Monaten über den Bauantrag entschieden hat. Die Frist beginnt dabei drei Wochen nach Zugang des vollständigen Bauantrags bzw. drei Wochen nach Zugang der angeforderten Unterlagen.“
Auf Verlangen ist dem Antragsteller bzw. seinem Bevollmächtigten der Eintritt der Genehmigungsfiktion schriftlich zu bescheinigen. Auch Nachbarn, die dem Vorhaben nicht zugestimmt haben, können die Vorlage einer schriftlichen Bescheinigung verlangen. Die Bescheinigung gibt den Inhalt der Genehmigung wieder und steht in ihrer Wirkung einer Baugenehmigung gleich. Für den Eintritt der Genehmigungsfiktion ist die Bescheinigung aber gerade keine Vorausset-zung.
Ausnahmen
Zu rechtswidrigen Bauvorhaben erklärt Rechtsanwältin Kerger: „Sofern der Bauantrag formal vollständig ist, tritt die Genehmigungsfiktion auch bei rechtswidrigen Bauvorhaben ein. In diesen Fällen bleibt der Verwaltung jedoch die Möglichkeit, die fiktive Genehmigung ggf. gemäß Art. 48 BayVwVfG (Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts) zurückzunehmen.“
Sollte aus dem Bauantrag nicht bestimmt genug hervorgehen, was genehmigt werden soll oder er andere gravierende Mängel aufweisen, ist es zudem denkbar, dass die fiktive Genehmigung in Einzelfällen nichtig ist. Bauherren, die nicht auf die Genehmigungsfiktion zurückgreifen, sondern eine explizite Genehmigung erhalten möchten, können vor Ablauf der Entscheidungsfrist gegenüber der Genehmigungsbehörde erklären, auf den Eintritt der Genehmigungsfiktion zu verzichten.
Erwartete Wirkung
Die Neuerung der BayBO bedeutet ein schnelleres Verfahren und bessere Planbarkeit für die Bauherren. „Durch die vielerorts überlasteten Behörden versprechen wir uns von dieser Neuregelung eine merkliche Verbesserung für die Antragssteller. In der Vergangenheit ist es in unserer Praxis wiederholt zu überlangen Bearbeitungszeiten gekommen, die für Antragssteller und Behörden unzufriedenstellend sind. Mancherorts wird die Novelle der BayBO auch zum Anlass für die Straffung verwaltungsinterner Abläufe genutzt“, erklärt Rechtsanwältin Friederike Kerger weiter.
Ebenso ist eine Entlastung der Verwaltung zu erwarten. Zum Beispiel hat die Stadt Nürnberg bereits bekannt gegeben, einfache Bauanträge, die offensichtlich keine wesentlichen Probleme aufwerfen, die also weder Denkmal- noch Nachbar- oder Naturschutzrecht tangieren, in Zukunft meist in die Fiktion laufen zu lassen. Kerger dazu: „Fest steht bereits jetzt, dass durch die Fiktionswirkung künftig deutlich mehr Verantwortung auf den Planern und letztlich auch Bauherren lastet. Das ist aus meiner Sicht der Preis für die verkürzten Genehmigungsprozesse“.
Weitere Verbesserungen
Die Regelungen der neuen BayBO ermöglichen zudem Nutzungsänderungen, Sanierungen, Aufstockungen und Ausbauten, die bislang wegen der vormals höheren Anforderungen des Ab-standsflächenrechts oder bautechnischer Vorgaben unwirtschaftlich bzw. nicht möglich waren.
Beispiele dafür sind zum einen die Nutzungsänderung von Dachgeschossen zu Wohnzwecken. Diese werden genehmigungsfrei gestellt, d.h. anders als bisher ist künftig keine Genehmigung mehr nötig, wenn Dachgeschosse zur Schaffung von Wohnraum ausgebaut werden.
Zum zweiten entfällt die Aufzugspflicht bei Aufstockungen, wenn der Aufwand unverhältnismäßig groß wäre. Bislang war ab einer bestimmten Gebäudehöhe ein Aufzug ohne Rücksicht auf den hierfür erforderlichen Aufwand vorgeschrieben.
Für weitergehende Fragen zum Thema dürfen wir auf die Kanzlei Kerger & Partner in Gauting verweisen. Sie steht in allen Fragen zum Thema Immobilien- und Grundstücksrecht zur Verfügung und gibt im dritten Teil unserer Serie Einblicke u.a. in das Thema „flexiblere Handhabung der Stellplatzpflicht durch die Gemeinden zur Verwirklichung alternativer Mobilitätskonzepte“.
Redaktion: Ulrike Seiffert / Unser Würmtal