Gebäudeabstände im Würmtal unterschiedlich geregelt
Am 1. Februar ist die neue Bayerische Bauordnung (BayBO) in Kraft getreten. Durch sie soll nicht nur das Verwaltungsverfahren gestrafft, sondern auch das Bauen nachhaltiger, kostengünstiger, schneller und flächensparender gemacht werden. Spätestens seit die Novelle am 2. Dezember 2020 vom Landtag beschlossen wurde, erhitzt vor allem eine Regelung die Gemüter: Das neue Abstandsflächenrecht.
Die Kanzlei Kerger & Partner Rechtsanwälte GbR mit Sitz in München und Gauting ist spezialisiert auf Bau- und Immobilienrecht. Mitinhaberin Friederike Kerger war vor der Kanzleigründung 2017 als Justitiarin in einer international tätigen Immobilienfirma tätig.„Im Immobilienrecht geht es schnell um hohe Beträge. Das gilt umso mehr in Regionen wie dem Würmtal, wo im bundesweiten Vergleich Spitzenpreise für Wohnimmobilien erzielt werden “, erläutert sie. „Die sorgfältige Prüfung der Frage, welcher Teil eines Grundstücks überbaut werden kann, lohnt sich in jedem Fall.“
Zwei wichtige Punkte der Anfang Februar in Kraft getretenen Änderungen fasst Frau Kerger wie folgt zusammen: „In Gemeinden mit weniger als 250.000 Einwohnern sieht die Novelle eine drastische Verkürzung der einzuhaltenden Abstandsflächen vor und für Wohngebäude tritt ab 01. Mai 2021 eine sog..“Genehmigungsfiktion“ ein, d.h. das Vorhaben gilt als genehmigt, wenn die Behörde auch drei Monate nach Antragsstellung noch keine Prüfung vorgenommen hat.“ .“
Neues Abstandsflächenrecht
Das neue Abstandsflächenrecht dürfte allerdings die Gemüter am meisten bewegen. „Der Abstand zwischen zwei Gebäuden dient in Wohngebieten primär der Belüftung, Belichtung und dem sogenannten sozialen Abstand“, erklärte Friederike Kerger dazu. „Er betrug bislang 100 Prozent der Wandhöhe – bei einer 10 Meter hohen Wand also 10 Meter. Nach neuer BayBO ist er auf 40 Prozent beziehungsweise in Industrie- und Gewerbegebieten auf 20 Prozent reduziert. Das sogenannte „Schmalseitenprivileg“, wonach bisher an zwei Seiten 50% der Wandhöhe genügten, sofern die Wand nicht mehr als 16m lang war, entfällt. Die absolute Abstands-Untergrenze bleibt dabei weiterhin bei 3 Metern.“ Die Novelle zielt damit auf den übergroßen Siedlungsdruck bei weiter steigenden Immobilienpreisen ab.
„Mit der Neuregelung soll einerseits der große Bedarf an Wohnraum befriedigt, gleichzeitig aber der Flächenverbrauch möglichst reduziert werden. Da die Gemeinden teilweise eine zu starke Innenverdichtung fürchten, haben viele durch eine Satzung generell größere Abstandsflächen für ihr Gemeindegebiet festgelegt“, erklärte sie weiter.
Gemeinden in Zugzwang
Die Gemeinden sehen zum einen Teil die Not am Markt, möchten aber gleichzeitig das allgemeine Ortsbild, das Trenngrün und vor allem den Nachbarfrieden nicht gefährden. Mit dem Erlass von Satzungen versuchen einige Gemeindeverwaltungen daher gegenzusteuern. Hierfür wurden ihnen vom Gesetzgeber jedoch nur wenige Wochen Zeit eingeräumt. „Die Satzungen wurden gezwungener Maßen recht überstürzt erlassen. Ich gehe davon aus, dass viele in ihrer jetzigen Form einer rechtlichen Überprüfung nicht standhalten. Weil so viel Geld im Spiel ist, werden die ersten Rufe nach einer Überprüfung aber nicht lange auf sich warten lassen“, so Rechtsanwältin Kerger.
Im Landkreis Starnberg hat sich nur Herrsching gegen eine Satzung ausgesprochen. Die Gemeinde fürchtet bei abweichender Regelung durch eine Satzung Regressforderungen und möchte der Verdichtung wo möglich durch entsprechende Bebauungspläne entgegenwirken.
Was gilt künftig in Gauting, Krailling und Neuried?
Gauting, Krailling und Neuried haben sich zu einer neuen Satzung entschlossen. Hier gilt nun: Die Tiefe der Abstandsfläche muss, abweichend von der neuen BayBO, weiterhin grundsätzlich 100 Prozent der Wandhöhe betragen. „Sofern aber an mindestens zwei Außenwänden des Gebäudes 100 Prozent Abstandsfläche eingehalten werden, gilt wie nach bisheriger BayBO das sogenannte „Schmalseitenprivileg“)“, erklärt Frau Kerger. Der Mindestabstand von 3 Metern ist in jedem Fall einzuhalten.
Der von Neuried definierte Geltungsbereich der Satzung ist dabei sogar noch weiter gefasst als in Gauting und Krailling. In letzteren sind von der Geltung ausgenommen u.a. „Gewerbegebiete, Kerngebiete, Sondergebiete und der gesamte Außenbereich nach § 35 BauGB, es sei denn, es handelt sich um Geltungsbereiche nach § 35 Abs. 6 BauGB“.
Friederike Kerger erklärt weiter: „Für die Berechnung der Wandhöhe ist in Gauting und Krailling vorgesehen, dass Dächer mit mehr als 45 Grad Neigung der Wandhöhe mit einem Drittel der Dachhöhe hinzuzurechnen sind. Die neue BayBO berücksichtigt dagegen alle Dächer mit bis zu einschließlich 70 Grad Neigung mit einem Drittel bei der Berechnung der Wandhöhe. Dächer mit einer Neigung von mehr als 70 Grad werden der Wandhöhe in allen Gemeinden mit 100 Prozent hinzugerechnet. In Bebauungsplänen festgesetzte, von der Satzung abweichende Abstandsflächen bleiben in allen Gemeinden unberührt.“
Wie reagieren Gräfelfing und Planegg?
Markus Ramsauer aus dem Gräfelfinger Bauamt erläutert, dass Gräfelfing vorerst keine Notwendigkeit für eine Satzung zur generellen Abweichung von den Regelungen der neuen BayBO sehe. Frau Kerger ergänzt: „Die Gemeinde Gräfelfing verfügt – anders als andere Würmtalgemeinden – über vergleichsweise junge, qualifizierte Bebauungspläne, durch die nach Informationen des Bauamts zudem angemessene Regelungen für circa 90 Prozent des Gemeindegebiets getroffen sind. Zum anderen wurde das sogenannte „Schmalseitenprivileg“ bereits bisher von vielen Bauherren so genutzt, dass die halbe Wandhöhe nicht zur Straße, sondern zum Nachbarn hin festgelegt wurde. Mit einer sichtbaren Verdichtung durch die neue BayBO rechnet die Gemeinde daher derzeit nicht.“
Und zu Planegg erklärt sie: „Auch Planegg hat sich dafür entschieden, keine von der neuen BayBO abweichende Satzung zu erlassen. Grundsätzlich sind hier also nur noch 40 Prozent der Wandhöhe beziehungsweise in Industrie- und Gewerbegebieten 20 Prozent der Wandhöhe einzuhalten. Die Untergrenze liegt weiterhin bei 3 Metern. Die Gemeinde geht dennoch derzeit nicht von einer störenden Innenverdichtung aus, weil die geltenden Bebauungspläne nach Aussage des Bauamts Baufenster mit vergleichsweise großen Abständen zum Nachbarn vorsehen. Ob und inwiefern sich das Planegger Ortsbild verändern wird, muss abgewartet werden.“
Nicht in jeder Gemeinde gelten also die gleichen Regeln und innerhalb der Gemeinde kommt es darauf an, ob ggf. ein Bebauungsplan existiert. Friederike Kerger dazu: „Abschließend kann die individuelle Situation nur im Wege einer Einzelfallprüfung bewertet werden.“ Dafür wendet man sich am besten an eine auf Bau- und Immobilienrecht spezialisierte Kanzlei wie Kerger & Partner Rechtsanwälte GbR.
Redaktion: Ulrike Seiffert / Unser Würmtal
Gebäudeabstände im Würmtal unterschiedlich geregelt
Am 1. Februar ist die neue Bayerische Bauordnung (BayBO) in Kraft getreten. Durch sie soll nicht nur das Verwaltungsverfahren gestrafft, sondern auch das Bauen nachhaltiger, kostengünstiger, schneller und flächensparender gemacht werden. Spätestens seit die Novelle am 2. Dezember 2020 vom Landtag beschlossen wurde, erhitzt vor allem eine Regelung die Gemüter: Das neue Abstandsflächenrecht.
Die Kanzlei Kerger & Partner Rechtsanwälte GbR mit Sitz in München und Gauting ist spezialisiert auf Bau- und Immobilienrecht. Mitinhaberin Friederike Kerger war vor der Kanzleigründung 2017 als Justitiarin in einer international tätigen Immobilienfirma tätig.„Im Immobilienrecht geht es schnell um hohe Beträge. Das gilt umso mehr in Regionen wie dem Würmtal, wo im bundesweiten Vergleich Spitzenpreise für Wohnimmobilien erzielt werden “, erläutert sie. „Die sorgfältige Prüfung der Frage, welcher Teil eines Grundstücks überbaut werden kann, lohnt sich in jedem Fall.“
Zwei wichtige Punkte der Anfang Februar in Kraft getretenen Änderungen fasst Frau Kerger wie folgt zusammen: „In Gemeinden mit weniger als 250.000 Einwohnern sieht die Novelle eine drastische Verkürzung der einzuhaltenden Abstandsflächen vor und für Wohngebäude tritt ab 01. Mai 2021 eine sog..“Genehmigungsfiktion“ ein, d.h. das Vorhaben gilt als genehmigt, wenn die Behörde auch drei Monate nach Antragsstellung noch keine Prüfung vorgenommen hat.“ .“
Neues Abstandsflächenrecht
Das neue Abstandsflächenrecht dürfte allerdings die Gemüter am meisten bewegen. „Der Abstand zwischen zwei Gebäuden dient in Wohngebieten primär der Belüftung, Belichtung und dem sogenannten sozialen Abstand“, erklärte Friederike Kerger dazu. „Er betrug bislang 100 Prozent der Wandhöhe – bei einer 10 Meter hohen Wand also 10 Meter. Nach neuer BayBO ist er auf 40 Prozent beziehungsweise in Industrie- und Gewerbegebieten auf 20 Prozent reduziert. Das sogenannte „Schmalseitenprivileg“, wonach bisher an zwei Seiten 50% der Wandhöhe genügten, sofern die Wand nicht mehr als 16m lang war, entfällt. Die absolute Abstands-Untergrenze bleibt dabei weiterhin bei 3 Metern.“ Die Novelle zielt damit auf den übergroßen Siedlungsdruck bei weiter steigenden Immobilienpreisen ab.
„Mit der Neuregelung soll einerseits der große Bedarf an Wohnraum befriedigt, gleichzeitig aber der Flächenverbrauch möglichst reduziert werden. Da die Gemeinden teilweise eine zu starke Innenverdichtung fürchten, haben viele durch eine Satzung generell größere Abstandsflächen für ihr Gemeindegebiet festgelegt“, erklärte sie weiter.
Gemeinden in Zugzwang
Die Gemeinden sehen zum einen Teil die Not am Markt, möchten aber gleichzeitig das allgemeine Ortsbild, das Trenngrün und vor allem den Nachbarfrieden nicht gefährden. Mit dem Erlass von Satzungen versuchen einige Gemeindeverwaltungen daher gegenzusteuern. Hierfür wurden ihnen vom Gesetzgeber jedoch nur wenige Wochen Zeit eingeräumt. „Die Satzungen wurden gezwungener Maßen recht überstürzt erlassen. Ich gehe davon aus, dass viele in ihrer jetzigen Form einer rechtlichen Überprüfung nicht standhalten. Weil so viel Geld im Spiel ist, werden die ersten Rufe nach einer Überprüfung aber nicht lange auf sich warten lassen“, so Rechtsanwältin Kerger.
Im Landkreis Starnberg hat sich nur Herrsching gegen eine Satzung ausgesprochen. Die Gemeinde fürchtet bei abweichender Regelung durch eine Satzung Regressforderungen und möchte der Verdichtung wo möglich durch entsprechende Bebauungspläne entgegenwirken.
Was gilt künftig in Gauting, Krailling und Neuried?
Gauting, Krailling und Neuried haben sich zu einer neuen Satzung entschlossen. Hier gilt nun: Die Tiefe der Abstandsfläche muss, abweichend von der neuen BayBO, weiterhin grundsätzlich 100 Prozent der Wandhöhe betragen. „Sofern aber an mindestens zwei Außenwänden des Gebäudes 100 Prozent Abstandsfläche eingehalten werden, gilt wie nach bisheriger BayBO das sogenannte „Schmalseitenprivileg“)“, erklärt Frau Kerger. Der Mindestabstand von 3 Metern ist in jedem Fall einzuhalten.
Der von Neuried definierte Geltungsbereich der Satzung ist dabei sogar noch weiter gefasst als in Gauting und Krailling. In letzteren sind von der Geltung ausgenommen u.a. „Gewerbegebiete, Kerngebiete, Sondergebiete und der gesamte Außenbereich nach § 35 BauGB, es sei denn, es handelt sich um Geltungsbereiche nach § 35 Abs. 6 BauGB“.
Friederike Kerger erklärt weiter: „Für die Berechnung der Wandhöhe ist in Gauting und Krailling vorgesehen, dass Dächer mit mehr als 45 Grad Neigung der Wandhöhe mit einem Drittel der Dachhöhe hinzuzurechnen sind. Die neue BayBO berücksichtigt dagegen alle Dächer mit bis zu einschließlich 70 Grad Neigung mit einem Drittel bei der Berechnung der Wandhöhe. Dächer mit einer Neigung von mehr als 70 Grad werden der Wandhöhe in allen Gemeinden mit 100 Prozent hinzugerechnet. In Bebauungsplänen festgesetzte, von der Satzung abweichende Abstandsflächen bleiben in allen Gemeinden unberührt.“
Wie reagieren Gräfelfing und Planegg?
Markus Ramsauer aus dem Gräfelfinger Bauamt erläutert, dass Gräfelfing vorerst keine Notwendigkeit für eine Satzung zur generellen Abweichung von den Regelungen der neuen BayBO sehe. Frau Kerger ergänzt: „Die Gemeinde Gräfelfing verfügt – anders als andere Würmtalgemeinden – über vergleichsweise junge, qualifizierte Bebauungspläne, durch die nach Informationen des Bauamts zudem angemessene Regelungen für circa 90 Prozent des Gemeindegebiets getroffen sind. Zum anderen wurde das sogenannte „Schmalseitenprivileg“ bereits bisher von vielen Bauherren so genutzt, dass die halbe Wandhöhe nicht zur Straße, sondern zum Nachbarn hin festgelegt wurde. Mit einer sichtbaren Verdichtung durch die neue BayBO rechnet die Gemeinde daher derzeit nicht.“
Und zu Planegg erklärt sie: „Auch Planegg hat sich dafür entschieden, keine von der neuen BayBO abweichende Satzung zu erlassen. Grundsätzlich sind hier also nur noch 40 Prozent der Wandhöhe beziehungsweise in Industrie- und Gewerbegebieten 20 Prozent der Wandhöhe einzuhalten. Die Untergrenze liegt weiterhin bei 3 Metern. Die Gemeinde geht dennoch derzeit nicht von einer störenden Innenverdichtung aus, weil die geltenden Bebauungspläne nach Aussage des Bauamts Baufenster mit vergleichsweise großen Abständen zum Nachbarn vorsehen. Ob und inwiefern sich das Planegger Ortsbild verändern wird, muss abgewartet werden.“
Nicht in jeder Gemeinde gelten also die gleichen Regeln und innerhalb der Gemeinde kommt es darauf an, ob ggf. ein Bebauungsplan existiert. Friederike Kerger dazu: „Abschließend kann die individuelle Situation nur im Wege einer Einzelfallprüfung bewertet werden.“ Dafür wendet man sich am besten an eine auf Bau- und Immobilienrecht spezialisierte Kanzlei wie Kerger & Partner Rechtsanwälte GbR.
Redaktion: Ulrike Seiffert / Unser Würmtal
Gebäudeabstände im Würmtal unterschiedlich geregelt
Am 1. Februar ist die neue Bayerische Bauordnung (BayBO) in Kraft getreten. Durch sie soll nicht nur das Verwaltungsverfahren gestrafft, sondern auch das Bauen nachhaltiger, kostengünstiger, schneller und flächensparender gemacht werden. Spätestens seit die Novelle am 2. Dezember 2020 vom Landtag beschlossen wurde, erhitzt vor allem eine Regelung die Gemüter: Das neue Abstandsflächenrecht.
Die Kanzlei Kerger & Partner Rechtsanwälte GbR mit Sitz in München und Gauting ist spezialisiert auf Bau- und Immobilienrecht. Mitinhaberin Friederike Kerger war vor der Kanzleigründung 2017 als Justitiarin in einer international tätigen Immobilienfirma tätig.„Im Immobilienrecht geht es schnell um hohe Beträge. Das gilt umso mehr in Regionen wie dem Würmtal, wo im bundesweiten Vergleich Spitzenpreise für Wohnimmobilien erzielt werden “, erläutert sie. „Die sorgfältige Prüfung der Frage, welcher Teil eines Grundstücks überbaut werden kann, lohnt sich in jedem Fall.“
Zwei wichtige Punkte der Anfang Februar in Kraft getretenen Änderungen fasst Frau Kerger wie folgt zusammen: „In Gemeinden mit weniger als 250.000 Einwohnern sieht die Novelle eine drastische Verkürzung der einzuhaltenden Abstandsflächen vor und für Wohngebäude tritt ab 01. Mai 2021 eine sog..“Genehmigungsfiktion“ ein, d.h. das Vorhaben gilt als genehmigt, wenn die Behörde auch drei Monate nach Antragsstellung noch keine Prüfung vorgenommen hat.“ .“
Neues Abstandsflächenrecht
Das neue Abstandsflächenrecht dürfte allerdings die Gemüter am meisten bewegen. „Der Abstand zwischen zwei Gebäuden dient in Wohngebieten primär der Belüftung, Belichtung und dem sogenannten sozialen Abstand“, erklärte Friederike Kerger dazu. „Er betrug bislang 100 Prozent der Wandhöhe – bei einer 10 Meter hohen Wand also 10 Meter. Nach neuer BayBO ist er auf 40 Prozent beziehungsweise in Industrie- und Gewerbegebieten auf 20 Prozent reduziert. Das sogenannte „Schmalseitenprivileg“, wonach bisher an zwei Seiten 50% der Wandhöhe genügten, sofern die Wand nicht mehr als 16m lang war, entfällt. Die absolute Abstands-Untergrenze bleibt dabei weiterhin bei 3 Metern.“ Die Novelle zielt damit auf den übergroßen Siedlungsdruck bei weiter steigenden Immobilienpreisen ab.
„Mit der Neuregelung soll einerseits der große Bedarf an Wohnraum befriedigt, gleichzeitig aber der Flächenverbrauch möglichst reduziert werden. Da die Gemeinden teilweise eine zu starke Innenverdichtung fürchten, haben viele durch eine Satzung generell größere Abstandsflächen für ihr Gemeindegebiet festgelegt“, erklärte sie weiter.
Gemeinden in Zugzwang
Die Gemeinden sehen zum einen Teil die Not am Markt, möchten aber gleichzeitig das allgemeine Ortsbild, das Trenngrün und vor allem den Nachbarfrieden nicht gefährden. Mit dem Erlass von Satzungen versuchen einige Gemeindeverwaltungen daher gegenzusteuern. Hierfür wurden ihnen vom Gesetzgeber jedoch nur wenige Wochen Zeit eingeräumt. „Die Satzungen wurden gezwungener Maßen recht überstürzt erlassen. Ich gehe davon aus, dass viele in ihrer jetzigen Form einer rechtlichen Überprüfung nicht standhalten. Weil so viel Geld im Spiel ist, werden die ersten Rufe nach einer Überprüfung aber nicht lange auf sich warten lassen“, so Rechtsanwältin Kerger.
Im Landkreis Starnberg hat sich nur Herrsching gegen eine Satzung ausgesprochen. Die Gemeinde fürchtet bei abweichender Regelung durch eine Satzung Regressforderungen und möchte der Verdichtung wo möglich durch entsprechende Bebauungspläne entgegenwirken.
Was gilt künftig in Gauting, Krailling und Neuried?
Gauting, Krailling und Neuried haben sich zu einer neuen Satzung entschlossen. Hier gilt nun: Die Tiefe der Abstandsfläche muss, abweichend von der neuen BayBO, weiterhin grundsätzlich 100 Prozent der Wandhöhe betragen. „Sofern aber an mindestens zwei Außenwänden des Gebäudes 100 Prozent Abstandsfläche eingehalten werden, gilt wie nach bisheriger BayBO das sogenannte „Schmalseitenprivileg“)“, erklärt Frau Kerger. Der Mindestabstand von 3 Metern ist in jedem Fall einzuhalten.
Der von Neuried definierte Geltungsbereich der Satzung ist dabei sogar noch weiter gefasst als in Gauting und Krailling. In letzteren sind von der Geltung ausgenommen u.a. „Gewerbegebiete, Kerngebiete, Sondergebiete und der gesamte Außenbereich nach § 35 BauGB, es sei denn, es handelt sich um Geltungsbereiche nach § 35 Abs. 6 BauGB“.
Friederike Kerger erklärt weiter: „Für die Berechnung der Wandhöhe ist in Gauting und Krailling vorgesehen, dass Dächer mit mehr als 45 Grad Neigung der Wandhöhe mit einem Drittel der Dachhöhe hinzuzurechnen sind. Die neue BayBO berücksichtigt dagegen alle Dächer mit bis zu einschließlich 70 Grad Neigung mit einem Drittel bei der Berechnung der Wandhöhe. Dächer mit einer Neigung von mehr als 70 Grad werden der Wandhöhe in allen Gemeinden mit 100 Prozent hinzugerechnet. In Bebauungsplänen festgesetzte, von der Satzung abweichende Abstandsflächen bleiben in allen Gemeinden unberührt.“
Wie reagieren Gräfelfing und Planegg?
Markus Ramsauer aus dem Gräfelfinger Bauamt erläutert, dass Gräfelfing vorerst keine Notwendigkeit für eine Satzung zur generellen Abweichung von den Regelungen der neuen BayBO sehe. Frau Kerger ergänzt: „Die Gemeinde Gräfelfing verfügt – anders als andere Würmtalgemeinden – über vergleichsweise junge, qualifizierte Bebauungspläne, durch die nach Informationen des Bauamts zudem angemessene Regelungen für circa 90 Prozent des Gemeindegebiets getroffen sind. Zum anderen wurde das sogenannte „Schmalseitenprivileg“ bereits bisher von vielen Bauherren so genutzt, dass die halbe Wandhöhe nicht zur Straße, sondern zum Nachbarn hin festgelegt wurde. Mit einer sichtbaren Verdichtung durch die neue BayBO rechnet die Gemeinde daher derzeit nicht.“
Und zu Planegg erklärt sie: „Auch Planegg hat sich dafür entschieden, keine von der neuen BayBO abweichende Satzung zu erlassen. Grundsätzlich sind hier also nur noch 40 Prozent der Wandhöhe beziehungsweise in Industrie- und Gewerbegebieten 20 Prozent der Wandhöhe einzuhalten. Die Untergrenze liegt weiterhin bei 3 Metern. Die Gemeinde geht dennoch derzeit nicht von einer störenden Innenverdichtung aus, weil die geltenden Bebauungspläne nach Aussage des Bauamts Baufenster mit vergleichsweise großen Abständen zum Nachbarn vorsehen. Ob und inwiefern sich das Planegger Ortsbild verändern wird, muss abgewartet werden.“
Nicht in jeder Gemeinde gelten also die gleichen Regeln und innerhalb der Gemeinde kommt es darauf an, ob ggf. ein Bebauungsplan existiert. Friederike Kerger dazu: „Abschließend kann die individuelle Situation nur im Wege einer Einzelfallprüfung bewertet werden.“ Dafür wendet man sich am besten an eine auf Bau- und Immobilienrecht spezialisierte Kanzlei wie Kerger & Partner Rechtsanwälte GbR.
Redaktion: Ulrike Seiffert / Unser Würmtal